Streit um Schulnamen

Soll Schule in Kleve nach Nazi-Opfer Frede benannt werden?

Soll die neue Gesamtschule in Kleve wie die alte Hauptschule nach dem katholischen Bekenner und Nazi-Opfer Wilhelm Frede benannt werden oder einen anderen Namen tragen? Darüber wird in der Stadt zurzeit heftig diskutiert.

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Rasches Handeln war nach Ansicht von Johannes Mecking gefordert, wollte der Klever Propst und leitende Pfarrer  noch etwas bewirken: Denn gerade erst hatte der Schulausschuss in Kleve beschlossen, die neue Gesamtschule nicht nach dem im nationalsozialistischen Konzentrationslager ermordeten Wilhelm Frede (1875-1942) zu benennen, sondern ihr stattdessen den Zusatz „Am Forstgarten“ zu geben. Und bald darauf sollte der Rat der Stadt, der normalerweise solchen Empfehlungen folgt, endgültig darüber entscheiden.

Eile tat also Not, sodass Mecking kurzerhand seine Predigt zu Pfingsten dazu nutzte, um die Menschen für das Problem wachzurütteln. Damit wurde die Namensgebung der Schule zu einem Politikum, das sich in vielen öffentlichen Protesten und zahlreichen Berichterstattungen niederschlägt.

 

Frede bald selig?

 

Die politischen Fraktionen ruderten zurück, ein erstes Treffen von Vertretern der Kirche und der Schule erbrachte aber keine Einigung über die Namensgebung. Die Beteiligten baten darum, die endgültige Ratsentscheidung auf später zu verschieben. Erst im März diesen Jahres hatte Bischof Felix Genn das Verfahren für eine Seligsprechung des Klevers Wilhelm Frede eröffnet. Frede hatte in Sachsenhausen einen grausamen Tod gefunden. Trotz aller Gefahren für das eigene Leben hatte er, bekennender Christ und niederländischer Vizekonsul, den Kontakt zu jüdischen Mitbürgern gesucht, sodass die Gestapo ihn als „fanatischen Katholiken“ und „Judenfreund“ diffamierte.

Im November 1941 wurde Wilhelm Frede verhaftet, fünf Monate später – am 13. März 1942 – erfror er, mit kaltem Wasser übergossen – in einer Winternacht.

 

Argumente der Schule

 

Bis zum vergangenen Sommer hatte die Hauptschule in Kleve in ihrem Beinamen an den Verstorbenen erinnert. Doch die Schule ist ausgelaufen, der letzte Abschlussjahrgang längst verabschiedet. Die neue Gesamtschule wollte den Namen Wilhelm Frede nicht übernehmen beziehungsweise fortführen. Vielmehr hatten sich Vertreter von Schülerparlament, Schulpflegschaft und Kollegium auf den Namen „Gesamtschule am Forstgarten“ verständigt.

Schuldirektor Jürgen Schmitz wertete dies nicht als Entscheidung gegen Frede. „Wir brauchen aber die Chance, eine eigene Identität mit einem neuen Namen für eine andere Schulform als die Hauptschule zu finden“, sagte er. Seine Schule werde den Namen im Schulprogramm halten, und auch eine Plakette im Haus werde an Frede erinnern.

 

Argumente der Kirche

 

Das aber reicht nicht. Die Emotionen gingen hoch, als der Schulausschuss seine Empfehlung aussprach. „Frede ist bis heute meines Erachtens politisch von großer Bedeutung für das Verhältnis Niederlande-Deutschland und für seinen Einsatz für jüdische Mitbürger während der NS-Diktatur in Kleve“, erinnerte Propst Mecking an den unerschütterlichen Christen: „Er  hat all das aus seiner Glaubensüberzeugung gelebt. Das hat ihm schließlich das Leben gekostet.“

Und Mecking weiter: „Wäre es nicht ein sinnvoller und wichtiger pädagogischer Auftrag, das Vorbild eines Wilhelm Frede als Bekenner und Kämpfer gegen Terror und Willkür für die Zukunft als Schulname lebendig zu halten, gerade bei den jungen Menschen, die in unseren Tagen wiederum stark damit konfrontiert werden? Es wäre ein Armutszeugnis für die Pädagogen, sollte dies nicht möglich sein“, sagte Mecking.

 

Wie geht es weiter?

 

„Denn es ist für mich nicht nur ein Schlag ins Gesicht für alle Opfer des Nationalsozialismus, sondern auch ein Schlag ins Gesicht der katholischen Kirche in Kleve und im Bistum Münster, in der sich Menschen, gerade auch aktuell, stark machen, das Lebens- und Glaubenszeugnis von Wilhelm Frede über die Grenzen der Stadt und des Landes zu würdigen.“

Nach dem ersten Gespräch waren sich Kirche und Schule darin einig, das Gedenken an Wilhelm Frede wachzuhalten, ohne aber schon zu einer Übereinkunft zu kommen. Sie mahnten zur Sachlichkeit. Ihre Anliegen, so die Pressemitteilung, „sind berechtigt und in keinster Weise geeignet, um in einer hitzigen, öffentlichen Diskussion besprochen und durchgepaukt zu werden. Beide Seiten sind sich einig darin, dass dies der Person Wilhelm Frede nicht gerecht wird – und dass dieser dies sicherlich auch nicht gewollt hätte.“ Eine Entscheidung des Klever Stadtrats über den Namen könnte sogar erst im Herbst fallen.

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