Professor Detlef Pollack rät zu Betonung positiver Aspekte

Soziologe aus Münster: Kirchen können Abwärtstrend nicht stoppen

Die Kirchen hätten den Abwärtstrend, der sich in den Austrittszahlen zeigt, nicht stoppen können. Davon ist der Münsteraner Religionssoziologe Detlef Pollack überzeugt. Ständige Kritik sei jedoch ebenso verheerend.

Anzeige

Die Kirchen hätten den Abwärtstrend, der sich in den gestiegenen Austrittszahlen 2018 zeigt, nicht stoppen oder umkehren können. Davon ist der Münsteraner Religionssoziologe Detlef Pollack überzeugt. Daran ändere auch die Tatsache nichts, dass „sie sich darum bemühen, Transparenz in ihr Handeln zu bringen oder sich schuldig bekennen, wenn Missbrauchsfälle bekannt werden“, sagte Pollack im Interview der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA).

Wenn man die Entwicklung seit den 60er Jahren betrachte, gebe es einen stetigen Anstieg der Kirchenaustrittsrate. Heute seien die Zahlen selbst in den „Kirchenaustritts-Tälern“ deutlich höher als vor 30, 40 Jahren. „Die Kirchen sind im Grunde genommen diesem Abwärtstrend wie einem unausweichlichen Schicksal ausgesetzt und können nicht allzu viel tun, um ihn zu stoppen oder umzukehren.“

 

„‘Maria 2.0‘ ist nicht kontraproduktiv“

 

Gleichwohl rät Pollack, neben Kritik an den Kirchen auch positive Aspekte hervorzuheben. „Ich denke, dass die Menschen in der Kirche anfangen müssen, über die Kirche gut zu reden. Wenn die ganze Zeit nur Kritik geübt wird, dann hat das eine verheerende Wirkung auf das Image der Kirche“, sagte Pollack am. „Und es wäre wahrscheinlich auch am besten, wenn die Menschen außerhalb der Kirche gut über sie reden würden. Durch Kommunikation und eine Veränderung des Diskurses kann man auch einiges erreichen.“

Das bedeute aber nicht, dass Kritik wie etwa die Frauen-Protestaktion Maria 2.0 kontraproduktiv seien, betonte Pollack. „Das sind ja hochengagierte Frauen, die an der Kirche leiden und nicht genug gehört werden. Ich würde sagen, dass auch für diese sehr kritischen und zum Teil auch provokativen Aktionen Raum in der Kirche sein muss.“ Das dürfe jedoch nicht alles sein. „Es sollten sich auch die zu Wort melden, die brav jede Woche zur Messe gehen und darunter leiden, dass die Kirche so ein schlechtes Image hat. Sie sollten darüber reden, was sie an die Kirche bindet.“ Die Änderung beginne damit, „dass man es lernt, anders zu denken“.

 

Die aktuellen Austritts-Zahlen

 

Auch der demografische Wandel trug dazu bei, dass die Zahl der Kirchenmitglieder in Deutschland von 44,8 Millionen 2017 auf 44,14 Millionen gesunken ist. Bei den Kirchenaustritten lagen die evangelischen Landeskirchen mit 220.000 weiterhin leicht höher als die katholische Kirche mit 216.078. Allerdings muss die katholische Kirche mit einem Plus von 29 Prozent eine stärkere Zunahme der Austrittszahlen hinnehmen als die Evangelische Kirche in Deutschland mit einem Plus von 11,6 Prozent.

Anzeige