Anzeige
Mit dieser Ansage hatte kaum jemand gerechnet: weder die Mitarbeiter im Sekretariat der Deutschen Bischofskonferenz in Bonn noch die rund 70 Bischöfe und Weihbischöfe, die sich von Montag bis Donnerstag zu ihrer Frühjahrsvollversammlung in Mainz treffen. In einem Brief teilte der Münchner Kardinal Reinhard Marx seinen Mitbrüdern mit, dass er bei der turnusmäßigen Wahl zum Konferenz-Vorsitzenden nicht erneut zur Verfügung stehe. „Ich finde, es sollte die jüngere Generation an die Reihe kommen. Und vielleicht ist es auch gut, wenn es häufiger einen Wechsel in dieser Aufgabe gibt“, begründete der 66-Jährige seinen Schritt. Wenig später zog Hans Langendörfer nach, langjähriger Sekretär der Bischofskonferenz.
Damit steht dem Zusammenschluss der Bischöfe möglicherweise ein Generations- und Stilwechsel bevor. Gesucht wird ein Nachfolger für Marx, der mal hemdsärmelig, mal diplomatisch, aber immer mit guten Kontakten zum Papst gesegnet, die Interessen und Anliegen seiner Mitbrüder in der Öffentlichkeit vertrat. Auch Marx' Stellvertreter, der Osnabrücker Bischof Franz-Josef Bode, ließ bereits anklingen, nicht für eine Nachfolge von Marx an der Spitze der Konferenz zur Verfügung zu stehen.
Kölner Kardinal Rainer Maria Woelki möchte nicht gewählt werden
Der Kölner Kardinal Rainer Maria Woelki winkte ebenfalls bereits ab. Und so scheint völlig offen, wer - voraussichtlich - am Dienstag als Nachfolger von Marx vor die Presse treten wird. Das Interesse der Medien an dem Treffen in Mainz ist groß. Was auch mit den anderen Themen zusammenhängt, die im geschichtsträchtigen Erbacher Hof verhandelt werden.
So wollen die Bischöfe sich mit der weiteren Aufarbeitung des sexuellen Missbrauchs befassen. Dahinter dürfte sich unter anderem die seit langem offene Frage von Entschädigungszahlungen verbergen. Eine Arbeitsgruppe hatte dazu zwei Modelle vorgeschlagen: eine Pauschale von rund 300.000 Euro pro Opfer oder ein abgestuftes Verfahren, bei dem je nach Schwere des Falls zwischen 40.000 und 400.000 Euro gezahlt werden könnte. Beide Modelle werden vor allem in den weniger reichen Bistümern als unverhältnismäßig betrachtet. Zuletzt äußerte sich jedoch der Trierer Bischof Stephan Ackermann, Missbrauchsbeauftragter der Bischofskonferenz, zuversichtlich, dass es „in den nächsten Monaten“ Klarheit über den künftigen Kurs geben werde.
Ein Schwerpunkt: Analyse des Papstschreibens zur Amazonas-Synode
Der Missbrauchsskandal mit seinen Folgen war ein wichtiger Auslöser für den Synodalen Weg zur Zukunft des kirchlichen Lebens in Deutschland. Bischöfe und Laien wollen mit der auf zwei Jahre angelegten Initiative verloren gegangenes Vertrauen zurückgewinnen. Vor drei Wochen fand die erste Synodalversammlung in Frankfurt statt. Nun wollen die Bischöfe eine Bilanz des streckenweise aufsehenerregenden Auftakts ziehen. Dabei dürfte es hinter verschlossenen Türen zu einer Aussprache zwischen einer eher konservativen Minderheit um Kardinal Woelki und den Befürwortern des Synodalen Wegs kommen.
Ins 40 Kilometer entfernte Frankfurt richtet sich auch der Blick der Bischöfe, wenn es um den Planungsstand beim Ökumenischen Kirchentag geht. In der Messestadt am Main soll im kommenden Jahr das von katholischer und evangelischer Kirche veranstaltete Großereignis stattfinden. Ein weiterer Schwerpunkt der Vollversammlung liegt auf einer Analyse des Papstschreibens zur Amazonas-Synode. In seinem unlängst vorgelegten Papier lehnte Franziskus Weiheämter für Frauen vorerst ab und ging auf die von der Weltbischofssynode angeregte Lockerung beim Priester-Zölibat nicht ein.
Gast aus Syrien berichtet über das Bürgerkriegs-Land
Hoffnungen auf Reformen verpasste der Papst damit erst einmal einen Dämpfer - zugleich würdigten viele Beobachter den Einsatz des Kirchenoberhaupts für Umwelt und Menschenrechte in Südamerika. Zwischen diesen beiden Polen bewegten sich auch die bisherigen Einlassungen der deutschen Bischöfe. Neben der Amazonas-Region steht ein weiterer Schauplatz außerhalb Europas auf der Agenda der Vollversammlung: Als Gast will Papstbotschafter Kardinal Mario Zenari über die Lage der Christen in Syrien informieren. In dem vom Bürgerkrieg ausgezehrten Land geht es nicht um Kirchenreformen. Sondern um die Frage des Überlebens der von Gewalt und Perspektivlosigkeit bedrohten syrischen Christen.