Bistum fördert Seelsorge der geistlichen Gemeinschaft

Spiritualität im Emmanuel House Münster: Konservativ - und zeitgemäß?

  • Das Emmanuel House in Münster ist kein Gebäude, sondern ein spirituelles Angebot einer geistlichen Gemeinschaft.
  • Das Bistum Münster animierte die Gemeinschaft vor drei Jahren, neue Angebote in der Seelsorge zu entwickeln.
  • Die Angebote haben sich etabliert, aber nicht nur Freunde in der münsterschen Kirchenlandschaft – es gibt Ängste vor Unterwanderung bestehender Strukturen.

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Es ist nur ein kleiner Aufkleber auf dem Briefkasten eines Mehrfamilienhauses in der Innenstadt von Münster. „Emmanuel House“ steht drauf. Es ist aber keine Immobilie gemeint, sondern ein pastorales Projekt, das die geistliche Gemeinschaft Emmanuel mit Unterstützung des Bistums Münster initiiert hat. Es geht um Gemeinschaft, um neue Formen der Spiritualität, um ein Angebot, das die Seelsorgelandschaft der Stadt bereichern soll.

Sie ist eine Gemeinde ohne eigene Kirche. Und doch ist ein fester gemeinsamer Ort wichtig, sagt Gunnar Sornek. Projektmanager ist er. Oder „Vollzeitmissionar“, wie er sich nennt. „Den Platz haben wir in der Überwasserkirche gefunden – dort sind wir Gast.“ Gebetsabende und Gottesdienste finden dort statt. Aber auch gemeinsame Angebote mit der Pfarrgemeinde gehören dazu. „Das Nebeneinander und das Zusammen klappen super.“

Konspirativ und konservativ?

Das ist die Gemeinschaft nicht unbedingt gewohnt, sagt Martin Sinnhuber. Der Priester ist Pfarrer des Projektes und weiß, dass es nicht wenige Menschen gibt, die mit der Konstellation seiner Gemeinde nicht viel anfangen können. „Es ist etwas Neues – und Neues macht immer Angst“, sagt er. „Oft wird in uns etwas Konspiratives gesehen, etwas, das bestehende Strukturen unterwandern will.“ Auch der Vorwurf des konservativ Rückwärtsgewandten steht im Raum.

„Konservativ, ja“, sagt Sinnhuber. „Aber im positiven Sinn: Wir wollen etwas Gutes, das besteht, bewahren.“ Als Beispiel nennt er die Anbetung, die fest zu den Angeboten des Emmanuel House gehört. Die Frage, die sie dazu hören: Ist das eine zeitgemäße Frömmigkeit? „Fromm passt gut in unsere Zeit“, ist seine Antwort. „Die spirituelle Suche ist gerade heute groß – wir haben einen eigenen Weg für diese Suche entwickelt.“

Jeder kann predigen

Blick vom Balkon auf die Innenstadt von Münster: Pfarrer Martin Sinnhuber (links) und Gunnar Sornek. | Foto: Michael Bönte
Blick vom Balkon auf die Innenstadt von Münster: Pfarrer Martin Sinnhuber (links) und Gunnar Sornek. | Foto: Michael Bönte

Musik spielt eine zentrale Rolle bei den Angeboten, gern englische Pop- und Rockmusik mit christlichen Texten. Evangelikale Elemente sind Teil der Gottesdienste, das freie Gebet hat seinen Platz. Das Mikrofon im Mittelgang steht jedem für seine persönliche Predigt zur Verfügung. Auch die Corona-Zeit brachte viele neue Ideen, Social-Media-Aktionen und Musikvideos etwa sind Angebote, welche die Pandemie überlebt haben.

Drei Jahre ist es her, dass das Bistum die Gemeinschaft zum pastoralen Experimentieren aufforderte. „Miniklein“, erinnert sich Sornek. „Wir haben mit einigen Gebetsabenden begonnen.“ Den offiziellen Auftrag aus jenen Tage formuliert er so: „Die Gesellschaft ist so ausdifferenziert, also muss sich das Angebot der Kirche auch ausdifferenzieren.“ Es ging darum, neue Formen zu schaffen, in denen Menschen mit Glauben Kontakt aufnehmen können. Das ist manchmal durchaus aufwendig, gibt er zu. Aber auch lohnenswert: Bis zu 60 Teilnehmer kommen mittlerweile zu den regelmäßigen Gebetsabenden, etwa 50 zu den sonntäglichen Gottesdiensten.

Kontaktfläche soll vergrößert werden

Das soll nicht so bleiben. Sie wollen noch einmal schauen, wie sie ihre Kontaktfläche vergrößern können. Auch strukturell sind sie im Umbruch. Neben der vom Bistum finanzierten Stelle von Sinnhuber wurde Sornek bislang zu Teilen aus Spenden, vom Bonifatiuswerk und zu einem Viertel vom Bistum bezahlt. Ab dem 1. November wird er sein Gehalt vollständig von einem Trägerkreis erhalten. Eine unmittelbare Finanzierung, die unabhängig machen soll, aber auch eine besondere Ausstrahlung hat, sagt er: „Die Spender erleben direkt, was ihr Geld in meiner Arbeit bewirkt.“

Sie wollen kein „Entweder-Oder“ schaffen – das ist Sinnhuber ganz wichtig. „Wir wollen keine bestehenden Angebote verdrängen oder andere Gemeinden auf Emmanuel drehen.“ Dabei würden sie die Seelsorge auch nicht neu erfinden. Der Kern bleibe wie überall in der Seelsorge: Zur Ruhe kommen, Freude am Glauben finden, Gemeinschaft erleben. „Aber eben mit unserem eigenen Akzent.“ Ein eigenes Haus dafür wäre auch schön, gibt er zu. „Egal was, eine Kirche muss es gar nicht sein.“ Er weiß aber auch, dass das in der aktuellen finanziellen Situation der Kirche schwierig wird. Vorerst muss der kleine Aufkleber auf dem Briefkasten noch reichen.

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