KIRCHE+LEBEN-INTERVIEW

Bundessprecher: Darum ist der Ständige Diakonat so attraktiv

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13 neue Ständige Diakone in Münster 2023/24 – und kein Neupriester. Der Bundessprecher der Ständigen Diakone analysiert, woran das liegen kann.

Herr Maul, im Bistum Münster gibt es acht neue Ständige Diakone, im Vorjahr waren es fünf – ein Neupriester wurde in diesem und im vergangenen Jahr gar nicht geweiht. Was macht den Diakonat so viel beliebter?

Die Situation in Deutschland ist von Bistum zu Bistum unterschiedlich. Münster hatte immer relativ hohe Zahlen. Dort werden bisher auch in jedem Jahr Ständige Diakone geweiht. Viele Bistümer weihen alle zwei Jahre. Aber auch bei den Ständigen Diakonen sind die bundesweiten Zahlen leicht rückläufig: Ende 2023 waren es 3.146 inklusive der Emeritierten. Ein Jahr zuvor gab es 3.286 Ständige Diakone. Der Höchstwert wurde 2016 mit etwas mehr als 3.330 Diakonen erreicht. In den 20 Jahren zuvor war die Zahl der Ständigen Diakone im aktiven Dienst bundesweit um etwa 1.200 gestiegen.

Was macht die Attraktivität aus?

Es gibt Studien, wonach Ständige Diakone die zufriedenste Gruppe unter den Seelsorgenden sind. Viele sind verheiratet, haben sich in Ehe, Familie und Beruf bewährt, sind oft 35 Jahre und älter, ehe sie zum Diakon geweiht werden. Viele sind in der Kirche engagiert und merken dann: Mir fehlt noch etwas.

Wie bereichern Ständige Diakone die Kirche?

Ich persönlich finde: Gerade die Diakone mit Zivilberuf sind ein Geschenk für die Kirche. Diese Männer gehen auch in ihren Berufen direkt zu den Menschen. Natürlich werden sie an ihren Arbeitsstellen auch kritisch angefragt. Das habe ich selbst erlebt, als ich noch selbstständig war. Zum Beispiel in Mitarbeitergesprächen oder, wenn es mal um eine Kündigung ging. Aber diese Alltagssituationen sind wichtig, die Gespräche wertvoll. Auch, um das eigene Handeln zu hinterfragen. Ständige Diakone geben ein gelebtes Glaubenszeugnis.

Sie waren selbstständig, heute sind Sie hauptamtlich Diakon. Warum, wo Sie doch den Diakonat mit Zivilberuf so schätzen?

Weil ich gefragt worden bin. Der damalige Osnabrücker Weihbischof Theodor Kettmann hatte gesagt: „Ansgar, du brennst so für die Seelsorge. Kannst du dir nicht vorstellen, das hauptberuflich zu machen?“ Ich konnte und habe meinen Betrieb weitergegeben.

Warum, denken Sie, gibt es auch Ständige Diakone im Hauptberuf?

Das hat sicher mit der persönlichen Berufung und dem eigenen Berufsweg zu tun. Zum Beispiel, wenn sich Pastoral- und Gemeindereferenten entschließen, sich weihen zu lassen. Außerdem ist es eine Frage des persönlichen Kirchenbilds, des Kirchenbilds im Bistum und der Aufgabe, für die man vorgesehen ist. Zum Beispiel, wenn – wie in einigen Diözesen – ein Diakon Gemeindeleiter werden soll.

Welche Herausforderungen sehen Sie aktuell im Bewerbungsverfahren für Ständige Diakone?

Die Bewerber verändern sich. Menschen, die klassisch katholisch aufgewachsen und sozialisiert sind, werden weniger, Berufungsgeschichten werden individueller. Da haben die Ausbildungsverantwortlichen ein Auge drauf. Ein zweites: Die Bewerber werden älter. Im Bistum Osnabrück haben wir bisher Kandidaten bis zum Alter von 55 Jahren geweiht. Es gibt aber immer mehr Ausnahmen. Diakone gehen zwar in ihren Zivilberufen regulär in Ruhestand. Sie können dann aber einen seelsorglichen Auftrag erhalten, als Diakone bis maximal 75 weiter mitzuhelfen. Und drittens: Immer mehr Bistümer gehen Ausbildungskooperationen ein, damit die angehenden Diakone Gemeinschaft erleben.

Apropos Gemeinschaft: Unter den acht neuen Ständigen Diakonen im Bistum Münster sind vier unverheiratet, sie verpflichten sich von nun an zum Zölibat. Nimmt die Zahl der Kollegen zu, die diese Lebensweise wählen?

Dazu kenne ich keine belastbaren Zahlen. Vier von acht sind in meinen Augen ungewöhnlich viel. Ich denke aber, dass es so etwas immer mal wieder gibt. Ich würde jedem Ständigen Diakon, der sich für eine zölibatäre Lebensform entscheidet, wünschen, dass er einmal in seinem Leben richtig verliebt war. So kann eine gute Entscheidung dafür oder dagegen wachsen. Auch der Weg der Ausbildung dient dazu. Das wird von den Verantwortlichen begleitet und geprüft.

Ansgar Maul (56) ist seit Januar 2024 Vorsitzender der Arbeitsgemeinschaft Ständiger Diakonat in Deutschland. 2006 wurde er im Bistum Osnabrück geweiht und war Ständiger Diakon mit Zivilberuf, damals selbstständiger Orthopädie-Mechanikermeister. 2010 gab er seinen Betrieb ab und wurde als hauptberuflicher Diakon Krankenhausseelsorger in Meppen. Seit 2021 arbeitet er in einer Pfarreiengemeinschaft in Twist im Emsland. Maul ist verheiratet, hat drei erwachsene Kinder und acht Enkelkinder.

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