Pfarrer aus Ahaus schreibt Buch: „Auf du und du – Wie Beten geht“

Stefan Jürgens: Darum ist „Beten auf der Bettkante“ so wichtig

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Eine kleine Gebetsschule hat Pfarrer Stefan Jürgens entworfen. Die Gedankenanstöße in seinem neuen Buch „Auf du und du – Wie Beten geht“ lädt ein zum stetigen und verlässlichen, persönlichen Beten auf der Bettkante oder sonst wo im stillen Kämmerlein (Matthäus 6,6). Im Gespräch mit „Kirche-und-Leben.de“ erklärt Jürgens, was ihn bewogen hat, über das Beten zu schreiben.

Herr Jürgens, nach Ihren jüngsten Büchern „Ausgeheuchelt! So geht es aufwärts mit der Kirche“ und „Dranbleiben – Glauben mit und trotz der Kirche“, in denen Sie mit der Amtskirche hart ins Gericht gehen, legen Sie ein neues Buch mit dem Titel „Auf du und du – Wie Beten geht“ vor. In den heutigen turbulenten Kirchen-Zeiten hätte man mit einer weiteren kirchenkritischen Schrift von Ihnen rechnen können. Nun überraschen Sie uns mit einer Anleitung zum Beten. Warum dieses Buch?

„Ausgeheuchelt“ und „Dranbleiben“ sind nicht nur kirchenkritische, sondern auch geistlich-theologische Bücher, die vom Glauben ausgehen und diesen plausibel machen. Mit „Von der Magie zur Mystik“ habe ich zwischendurch einen Titel vorgelegt, in dem es nicht um die Kirche, sondern um die Entwicklung der eigenen Spiritualität geht. Der Einsatz für die Kirche und deren Reform braucht eine solide geistliche Grundlage, denn ohne das Gebet wird Gott zu einem Niemand. Das Hören auf sein Wort, Zeiten der Stille und das Gebet sind für die Pflege einer persönlichen Gottesbeziehung unerlässlich. Beten auf der Bettkante ist dabei sogar weitaus wichtiger als Beten in der Kirchenbank.

Wozu braucht es eine Anleitung oder Vorbilder für das Beten?

Buchhinweis
Stefan Jürgens: „Auf du und du – Wie Beten geht“, 160 Seiten, Verlag Patmos 2022, 18 Euro. ISBN 978-3-8436-1367-5. Dieses Buch hier bequem direkt über unseren Partner Dialogversand bestellen.

Weil viele Menschen das Beten nicht gelernt oder verlernt haben, die Sehnsucht nach Gott aber nach wie vor sehr groß ist. Beten ist keine Kunst, sondern eher ein Handwerk. Man kann es lernen, indem man es praktiziert, durchhält und dranbleibt.

Mal lapidar gefragt: Wozu braucht es ein Gebet? Warum sollten Menschen überhaupt beten?

Beten ist Beziehungspflege. Ich bete nicht, um bei Gott etwas zu erreichen oder ihn damit zu verändern, das wäre naiv und magisch. Sondern ich bete, damit Gott mich verwandeln und durch mich die Welt verändern kann. Das Gebet verändert nicht die Welt, aber Gott verändert den Beter.

Neben den persönlichen, intimen Gebeten gibt es auch ein öffentlich angekündigtes Gebet, etwa wenn es heißt „Lasst uns für die Missbrauchsopfer in der Kirche beten“. Was halten Sie von solchen Aufforderungen oder Gebetsankündigungen?

Manchmal braucht man eine Anregung zum Beten oder den Hinweis auf ein Gebetsanliegen. Das Gebet für andere ist ein Zeichen der Solidarität. Wer spürt, dass er nicht vergessen wird, hat wieder Mut und Zuversicht. Und wer für andere betet, bringt seine eigene Verantwortung ins Wort.

Welches Gebet oder welcher „Vorbeter“ hat Sie am intensivsten inspiriert?

Im Vaterunser ist alles enthalten, was ein Gebet braucht. Insofern ist Jesus selbst mein „Vorbeter“. Auch die Psalmen sind mein „tägliches Brot“. Darüber hinaus habe ich bei Jörg Zink und Huub Oosterhuis beten gelernt. Wertvolle Impulse und einen mystisch-aufgeklärten Blick auf das Gebet erhielt ich von Heinrich Dickerhoff, dem ehemaligen Theologen der Akademie in Cloppenburg-Stapelfeld.

Als Pfarrer sind Sie so etwas wie ein „professioneller Beter“, etwa wenn man bedenkt, dass die Priester mit dem „Stundenbuch der Kirche“, einem Gebetbuch, sozusagen ausgebildet wurden. Welche Bedeutung hat für Sie das Gebet nach 28 Priesterjahren?

„Auf du und du“ lautet der Titel des neuen Buchs von Stefan Jürgens. |  Foto: pd
„Auf du und du“ lautet der Titel des neuen Buchs von Stefan Jürgens. |  Foto: pd

Die pflichtgemäßen Gebete, die man in der Priesterausbildung lernt, entfalten ihre Kraft erst nach jahrelanger Praxis. Sie gehen einem dann in Fleisch und Blut über, man kennt sie in- und auswendig. Bei den „professionellen Betern“, also den Leitern liturgischer Feiern, merkt man schnell, ob sie nur herunterbeten oder auch persönlich beten. Heruntergeleierte Liturgiefeiern sind nicht zum Mitfeiern, sondern eher zum Weglaufen, ein vielleicht „gültiges“, aber leeres Geschwafel. Wer persönlich nicht (mehr) betet, sollte keine Liturgiefeiern leiten.

Welchen Tipp geben Sie jemandem, der noch nie gebetet hat, aber das Gespräch mit Gott gern lernen möchte?

Er sollte sich einem geistlichen Begleiter anvertrauen, der selbst ein Beter ist und seine Glaubenspraxis theologisch begründen und verantworten kann.

Zur Person
Stefan Jürgens ist seit 2019 leitender Pfarrer im münsterländischen Ahaus. Zuvor war er Jugendseelsorger einer Region, Geistlicher Rektor einer Akademie sowie Pfarrer in Stadtlohn und Münster. Durch das „Wort zum Sonntag“ sowie als Hörfunksprecher und Buchautor ist er über die Gemeindepastoral hinaus bekannt geworden. Zu seinen besonderen Anliegen gehören die geistliche Vertiefung des Glaubens und konkrete Schritte zur Reform der Kirche um des Evangeliums willen.

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