Delegiertenversammlung des Synodalen Wegs: Vorsitzende des Diözesankomitees Münster im Interview

Stegemann: Köln zeigt, dass Macht dringend Kontrolle braucht

Anzeige

Am Donnerstag tagen die Delegierten des Synodalen Wegs erstmals wieder - wenn auch in einer digitalen Versammlung. Nach den Entwicklungen in Köln wird es spannend werden, wenn dabei das Forum über Macht in der Kirche ihr Arbeitspapier zur Diskussion stellt. Aber kann da wirklich ein echter Austausch und Fortschritt gelingen? Kerstin Stegemann ist eine der 230 Synodalen. Im Interview mit "Kirche-und-Leben.de" sagt die Vorsitzende des Diözesankomitees im Bistum Münster, wie effektiv das Treffen sein wird.

Frau Stegemann, kann eine digitale Vollversammlung den Synodalen Weg wirklich voranbringen?

Das digitale Treffen am 4. und 5. Februar ist ja keine "richtige" Vollversammlung des Synodalen Wegs. Aufgrund der Corona-Pandemie ist ein Treffen, wie es die Satzung vorsieht, gerade nicht möglich. Ich finde gut, dass diese Variante gefunden wurde. In der öffentlichen Wahrnehmung habe ich oft das Gefühl, dass der Synodale Weg an Präsenz verliert und viele fragen, ob denn da noch was passiert. Dass da noch eine ganze Menge passiert, das kann an diesen beiden Tagen sichtbar werden. Für die Weiterarbeit ist es zudem wichtig, dass die Foren jetzt schon mal die Möglichkeit haben, ihre ersten Texte zur Diskussion zu stellen und dazu ein Feedback zu bekommen. 

Welche Erwartungen haben Sie an diese Vollversammlung?

Ich erwarte eine Diskussion der bereits vorliegenden Zwischenschritte. Ich erwarte, dass erste deutliche Tendenzen erkennbar werden und somit die Texte für die nächste Synodalversammlung in der zweiten Jahreshälfte so weiter an Profil gewinnen, dass dort gut weitergearbeitet werden kann. Gleichzeitig hoffe ich, dass durch diese digitale Versammlung sichtbar wird, dass es ein großes Engagement der Beteiligten gibt, weiter an den Themen zu arbeiten und wirklich etwas zu verändern in Kirche. 

Bischof Genn hat berichtet, im Hintergrund arbeiteten die Themen-Foren intensiv. Welche Erfahrung machen Sie?

Das kann ich zu 100 Prozent teilen. Ich bin selbst Mitglied im Forum I "Macht und Gewaltenteilung". Es gab zahlreiche Treffen in Videokonferenzen mit allen Forumsmitgliedern oder in Kleingruppen. Es gab viel Textarbeit und Austausch per E-Mail. Das kriegt man aber leider nur mit, wenn man Mitglied in einem der Foren ist. Für alle anderen ist es schwer zu überschauen, wo gerade an welchen Themen gearbeitet wird. Hier muss sich die Transparenz sowohl zu den Mitgliedern der Synodalversammlung als auch in der Öffentlichkeit noch verbessern. Gleichzeitig ist es schwer, Prozesse, die in den Foren noch nicht abschließend diskutiert sind, offen zur Verfügung zu stellen. 

Das Forum zum Thema „Macht“, in dem Sie mitmachen, will ein komplettes Papier vorstellen. Wie glaubwürdig kann das vor dem Hintergrund der Ereignisse in Köln überhaupt sein?

Das Papier halte ich für wirklich gut und profiliert. Es benennt sehr klar und deutlich, in welche Richtung Kirche sich verändern muss und wo strukturelle Defizite liegen, die es anzufassen gilt. 
Und es weist genau auf das hin, wo Kirche heute unglaubwürdig ist: Wieso es eben dazu kommen kann, dass eine Person alleine Entscheidungen trifft, ohne dafür Rechenschaft ablegen zu müssen. Dass es eben schwierig ist, wenn es keine öffentliche Kontrolle gibt und nur im System selbst Macht von denen kontrolliert wird, die sie innehaben. Das kann so nicht funktionieren und begünstigt, dass so etwas wie in Köln überhaupt möglich ist. Hier brauchen wir mehr als dringend Veränderungen. 

Vielen stellt sich die Frage, wie wirksam der Synodale Weg sein kann, wenn letztlich doch alles an Rom hängt. Was sagen Sie?

Ich teile diese Einschätzung nicht. Ganz klar gibt es Dinge, die in der Kompetenz von Rom liegen. Und die auch dringend einer Änderung bedürfen, zum Beispiel wenn es um die Rolle der Frauen* in Kirche geht. Es gibt aber auch viel, was wir heute schon verändern könnten, etwa die stärkere Beteiligung von Laien in Leitungsstrukturen, eine Transparenz von Entscheidungen und ein Agieren, das sich ausschließlich an der Liebe zum Nächsten orientiert. Hier wäre schon viel gewonnen. 

Was muss am 5. Februar als Ergebnis der Versammlung stehen?

Ich freue mich, wenn ein guter Austausch gelingt. Wenn die Texte und Themen, sachlich, fair und kontrovers diskutiert werden und wenn es Ziel der Diskussion ist, diese Texte so weiter zu profilieren, dass sie auf der nächsten Synodalversammlung zur Abstimmung gestellt werden können.

Anzeige