Jubiläum "1.700 Jahre jüdisches Leben in Deutschland" eröffnet

Steinmeier: Juden prägten deutsche Geschichte mit - und sind weiter bedroht

  • Zum Auftakt des Festjahres zu 1.700 Jahre jüdisches Leben in Deutschland haben Vertreter des Judentums und Politiker den Beitrag von Juden zur deutschen Geschichte gewürdigt.
  • Nach den Worten von Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier, der Schirmherr des Festjahres ist, hat das Judentum die deutsche Geschichte mitgeprägt und die Kultur leuchten lassen.
  • Israels Staatspräsident Reuven Rivlin erinnerte an die Tragödien der Vergangenheit, betonte jedoch zugleich die tiefe Verbundenheit von Deutschland und dem israelischen Staat.

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Zum Auftakt des Festjahres zu 1.700 Jahre jüdisches Leben in Deutschland haben Vertreter des Judentums und Politiker den Beitrag von Juden zur deutschen Geschichte gewürdigt. Sie verwiesen auf aktuelles blühendes jüdisches Leben in Deutschland, das nach der Schoah zunächst kaum denkbar war. Sie riefen dazu auf, dieses Leben angesichts von Antisemitismus und Anschlägen zu schützen. „Wir werden keine Jubel-Arie aus diesem Festjahr machen“, betonte der Präsident des Zentralrats der Juden, Josef Schuster, am Sonntag in Köln.

Nach den Worten von Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier, der Schirmherr des Festjahres ist, trug das Judentum entscheidend zum Aufbruch Deutschlands in die Moderne bei. „Ob in der Philosophie, in der Literatur, Malerei und Musik, in der Wissenschaft, der Medizin, in der Wirtschaft, Juden haben unsere Geschichte mitgeschrieben und -geprägt und unsere Kultur leuchten lassen.“ Er erinnerte aber auch an jahrhundertelange Ausgrenzung und Verfolgung von Juden.

Heute sei jüdisches Leben hierzulande „vielfältig, facettenreich, lebendig, voller Schwung“ - zugleich jedoch weiter bedroht. Dem müsse entgegengetreten werden, mahnte Steinmeier. „Die Bundesrepublik Deutschland ist nur vollkommen bei sich, wenn Juden sich hier vollkommen zu Hause fühlen.“

 

Schuster: mangelndes Wissen führt zu Vorurteilen

 

Im Kampf gegen Antisemitismus mahnte Schuster mehr Bildung an, denn mangelndes Wissen führe fast immer zu Vorurteilen. „Dieses Phänomen mit all seinen schrecklichen Folgen zieht sich wie ein roter Faden durch die deutsch-jüdische Geschichte.“ Dagegen müsse angegangen werden, vor allem in Schulen. Auch sei es wichtig, dass Juden nicht länger als fremd empfunden würden, damit Vorurteile verschwänden. Er sei da optimistisch und freue sich sehr, dass jetzt die Möglichkeit bestehe, ein breites Publikum mit jüdischer Tradition und Kultur vertraut zu machen.

Der Vizepräsident des Zentralrats, Vorstand der Synagogen-Gemeinde Köln und Gründungsmitglied des Festjahrvereins, Abraham Lehrer, würdigte einen positiven Einfluss von Juden und sprach von einem christlich-jüdischen Fundament. Kölns Oberbürgermeisterin Henriette Reker rief zu einem friedlichen Zusammenleben auf.

 

Rivlin: Tiefe Freundschaft zwischen Deutschland und Israel

 

NRW-Ministerpräsident Armin Laschet (CDU) warb dafür, sich besser kennenzulernen. Er verwies auf eine „lange Freundschaft“ zwischen Deutschland und Israel. Israels Staatspräsident Reuven Rivlin sagte in einem Grußwort: „Obwohl wir die Tragödien der Vergangenheit nie vergessen werden, betonen wir unser gemeinsames Erbe, den Beitrag der deutschen Juden zur deutschen Gesellschaft und die tiefe Freundschaft zwischen Deutschland und dem israelischen Staat.“

Das Festjahr geht auf ein Edikt des römischen Kaisers Konstantin von 321 zurück, das er nach Köln adressierte: „Mit einem allgemeinen Gesetz erlauben wir allen Stadträten, Juden in den Rat zu berufen.“ Das Dokument gilt als der früheste schriftliche Nachweis für jüdisches Leben nördlich der Alpen. Wegen der Corona-Pandemie fand die Eröffnung des Festjahres ohne Publikum mit Wortbeiträgen aus der Kölner Synagoge statt und wurde im Ersten übertragen. Bundesweit sind rund 1.000 vor allem kulturelle Veranstaltungen geplant.

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