In St. Andreas Cloppenburg engagiert – in Niedersachsens Landtag gewählt

Stephan Christ – Organist, Pfarreirat und grüner Landtagsabgeordneter

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Stephan Christ war Messdiener, Firmkatechet und Organist in St. Andreas Cloppenburg. Bis 2021 stand er mit an der Spitze des Bundes der Deutschen Katholischen Jugend (BDKJ) im Oldenburger Land. Nun sitzt er als Abgeordneter der Grünen im neu gewählten niedersächsischen Landtag. Katholisch und grün – für ihn kein Widerspruch.

Er sagt „wir“, wenn es um St. Andreas Cloppenburg geht, seine Pfarrei. Wo Stephan Christ bis vor kurzem in der St.-Josef-Kirche mit halber Stelle regelmäßig an der Orgel saß und auch ehrenamtlich von klein auf mittendrin war: als Messdiener, Lektor, in der Firmkatechese zum Beispiel.

Keine Frage – Kirche ist Heimat für den 31-Jährigen. Das spürt er etwa als Leiter des Kirchenchors. „Das Singen ist das eine, aber genauso wichtig ist die Gemeinschaft hinterher. Das gemeinsame Bierchen, Grünkohlessen, solche Sachen.“

Wir-Gefühl in Kirche und Partei

„Wir“ – das sagt Stephan Christ aber auch, wenn er mit Parteifreunden über Klimapolitik oder Verkehrswende spricht, etwa im Wahlkreis-Büro der Grünen, das nur einen Steinwurf entfernt von der St.-Josef-Kirche liegt. Und neuerdings auch in Hannover, als frisch gewählter Landtagsabgeordneter.

Stephan Christ lächelt. Er weiß: Ein aktiver Katholik bei den Grünen – bis vor einigen Jahren klang das für viele noch ziemlich ungewöhnlich. Er selbst jedoch empfand das nie als Widerspruch: an einem Tag in der Abendmesse Orgel zu spielen oder im Pfarreirat über die Seelsorge in Cloppenburg zu diskutieren – und an einem anderen mit grünen Parteifreunden über Alternativen zum Autoverkehr.

Applaus bei der Verabschiedung

Als Exot habe er sich weder hier noch dort gefühlt. „Es war und ist kein Problem, bei den Grünen als katholischer Christ oder als Katholik aufzutreten“, schildert er seine Erfahrungen, „aber auch nicht umgekehrt.“

Er erinnert sich zum Beispiel an den Beifall in der St.-Josef-Kirche bei seiner offiziellen Verabschiedung als Organist kurz nach der Landtagswahl und sagt: „Ich habe das als sehr wertschätzend empfunden.“

Bis 2021 oldenburgischer BDKJ-Landesvorsitzender

Stephan Christ
Stephan Christ vor dem Landtag in Hannover. | Foto: privat

Verantwortung in der Kirche zu übernehmen – das gehörte für ihn immer dazu. In seiner Kirchengemeinde zum Beispiel – Stephan Christ sitzt im Cloppenburger Pfarreirat – und auch überregional – bis zum vergangenen Jahr war er Vorsitzender des Bundes der Deutschen Katholischen Jugend (BDKJ) im Oldenburger Land, der Dachorganisation der Jugendverbände.

Die „politische Dimension“ dieser Arbeit habe ihn gereizt, beschreibt er seine Motivation. Stimme zu sein für rund 11.000 Jugendliche und deren Interessen gegenüber der „großen“ Politik in Hannover zu vertreten. Zum Beispiel, den ehrenamtlichen Einsatz der Jugendlichen zu stärken. „Weil ich davon überzeugt bin, dass das gerade das Ehrenamt für unsere Gesellschaft enorm wichtig ist und bleibt.“

Er sieht Schnittmengen

Warum er sich selbst als Katholik bei den Grünen gut aufgehoben fühlt? Stephan Christ muss nur kurz überlegen. Weil es große Schnittmengen gebe. „Bei Fragen des Erhalts der natürlichen Lebensgrundlagen und zum Klimawandel zum Beispiel.“ Der Grüne lächelt selbstbewusst: „Und weil wir die besten Antworten geben.“

Dabei weiß er jedoch auch um manche „Knackpunkte“ auf anderen Themenfeldern. Der neue Landtagsabgeordnete nennt Abtreibung und Sterbehilfe als Beispiele. Nicht unbedingt Themen der Landespolitik, aber eben in seiner Partei.

Er weiß auch um Knackpunkte

„Da gibt es sicherlich Differenzen“, gibt Stephan Christ zu. „Ich habe selbst zu manchen Fragen noch keine abschließende Meinung. Und die Skepsis und die Kritik an manchen liberalen grünen Positionen kann ich durchaus verstehen.“

Glaube sei eben ein wichtiger Orientierungspunkt für ihn, sagt er. „Nicht, dass ich jede Entscheidung eins zu eins an der Kirche ausrichte, aber er ist ein Ankerpunkt für mein Leben.“  Für ihn war es selbstverständlich, vor der ersten Sitzung des neuen Landtags am ökumenischen Gottesdienst für die Abgeordneten teilzunehmen.

Ehrenamt steht auf seiner Agenda

Die Förderung des Ehrenamts soll eines seiner drei großen Themen in Hannover sein. So stand es schon bei seiner Bewerbung um ein Landtagsmandat auf seiner Agenda. Weiß er schon, wie er das angehen will?

„Zum Beispiel auch durch die Verbesserung von Mobilität im ländlichen Raum“, sagt der gerade erst zum verkehrspolitischen Sprecher seiner Fraktion gewählte Abgeordnete. Aus seiner Zeit an der oldenburgischen BDKJ-Spitze hat er noch die Klagen junger Leute im Ohr. „Dass es gerade auf dem Land an guten Busverbindungen fehle, um zu Gruppenstunden oder zum Training zu kommen.“ Dass das gerade auf dem Land ohne Auto kaum zu schaffen sei.

Günstigerer ÖPNV für Ehrenamtliche?

Das zu ändern versteht er deshalb auch als Verbesserung der Rahmenbedingungen für ehrenamtlichen Einsatz. Und zwar nicht durch noch mehr Autos, sondern durch ein besseres und intelligenteres Netz des Öffentlichen Personennahverkehrs (ÖPNV).

Zum verbesserten Angebot könnten zudem Vergünstigungen kommen: „Wenn Bundeswehrsoldaten kostenlos mit der Bahn fahren dürfen, warum ist dann nicht auch der ÖPNV für Ehrenamtliche günstiger?“, fragt Stephan Christ.

Er hat noch nie ein eigenes Auto besessen

Bessere Angebote als Alternative zu teuren Autos zu schaffen – das sehe er zudem als Frage sozialer Gerechtigkeit, ergänzt Christ, der seit kurzem auch Mitglied der Katholischen Arbeitnehmerbewegung (KAB) ist.

Er selbst habe noch nie ein Auto besessen. In Cloppenburg nutze er ab und zu Carsharing. Zu den Sitzungsterminen in Hannover nehme er stets er die Bahn. Von Cloppenburg aus braucht er für die Verbindung über Osnabrück oder Oldenburg zwei Stunden und 20 Minuten.

Vorerst wird er in Cloppenburg wohnen bleiben. Vielleicht zu besonderen Anlässen auch mal die Orgel in St. Josef spielen, „Aber nur ausnahmsweise“, sagt er.

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