Interview mit Finanzchef Ulrich Hörsting

Steuerrückgang durch Corona - wie hart wird es im Bistum Münster?

Wenn wegen der Corona-Krise weniger Steuer gezahlt werden, hat das Folgen für die Kirchensteuereinnahmen. Was bedeutet das für die Finanzplanung des Bistums Münster? Antworten von Finanz-Chef Ulrich Hörsting.

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Lahmgelegte Betriebe, Kurzarbeit, Arbeitslosigkeit: Wenn wegen der Corona-Krise weniger Steuer gezahlt werden, hat das unmittelbar auch Folgen für die Kirchensteuereinnahmen. Was bedeutet das für die Finanzplanung des Bistums Münster? Ulrich Hörsting, Leiter der Hauptabteilung Verwaltung des Bischöflichen Generalvikariats sagt im Interview, wie schlimm die Konsequenzen werden.

Herr Hörsting, manche katholischen Bistümer und evangelische Landeskirchen rechnen mit Einnahmerückgängen von bis zu 25 Prozent durch die Corona-Krise. Wie schlimm sieht es für das Bistum Münster aus?

Das Bistum ist in hohem Maß auf Kirchensteuereinnahmen angewiesen. Da die Kirchensteuer als prozentualer Aufschlag zur Lohn- beziehungsweise Einkommensteuer gezahlt wird, wirkt sich die Entwicklung bei den staatlichen Steuereinnahmen unmittelbar auf die Höhe der Kirchensteuereinnahmen des Bistums aus. Niemand kann derzeit sagen, wie stark die finanziellen Auswirkungen der Corona-Pandemie sein werden. Dies hängt ganz davon ab, wie lange die Wirtschaft aufgrund des Infektionsverlaufs Beschränkungen unterliegen wird und wie schnell sie sich wieder erholt. Einen ersten vorsichtigen Hinweis zu den finanziellen Folgen gibt die Steuerschätzung des Bundes, die am vergangenen Donnerstag veröffentlicht wurde. Sollten diese Annahmen zutreffen, wird das Bistums in erheblichem Umfang von geringeren Steuereinnahmen betroffen sein. Da die Steuerschätzer aber davon ausgehen, dass die Wirtschaft recht schnell wieder Tritt fassen wird, hat sich das Bistum auf der Grundlage des derzeitigen Kenntnisstandes dazu entschieden, den Haushalt 2020 weitgehend wie geplant durchzuführen; ein Haushaltsausgleich ist aufgrund der fehlenden Einnahmen jedoch nur durch einen tiefen Griff in die Rücklagen möglich.

Einige Bistümer haben Investitionen direkt gestoppt. Welche kurzfristigen Maßnahmen sind im Bistum Münster geplant?

Ulrich HörstingUlrich Hörsting ist Leiter der Hauptabteilung Verwaltung im Bischöflichen Generalvikariat Münster. | Foto: pbm

Bereits im Zusammenhang mit dem vom Bistum eingeleiteten Sparprozess wurde deutlich, dass kurzfristige Sparmaßnahmen in einem Bistumshaushalt sehr schwer umzusetzen sind. Dies ist in erster Linie darauf zurück zu führen, dass Haushaltmittel zu einem großen Teil durch Personalausgaben sowie Zuweisungen an Dritte gebunden sind. Auch Haushaltssperren bewirken meist nicht viel, da dadurch nur solche Ausgaben gesperrt sind, zu denen sich das Bistum nicht rechtlich verpflichtet hat. Sollten sich die Kirchensteuereinnahmen daher ähnlich entwickeln wie von den Steuerschätzern vorausgesagt, will das Bistum Maßnahmen vermeiden, die viele unvorbereitet treffen würden. Sollte die Einnahmeentwicklung allerdings deutlich schlechter verlaufen, kann auch dies nicht ausgeschlossen werden. Insbesondere im Bereich der Investitionen müsste versucht werden, Einsparungen zu erzielen.

Bereits Ende des letzten Jahres hat das Bistum Münster bekanntgegeben, bis 2025 mindestens 32,9 Millionen Euro einsparen zu müssen, und starke Einschnitte angekündigt. Welche Konsequenzen wird die Verschärfung der Situation durch Corona haben?

Der Spar- und Strategieprozess des Bistums wurde eingeleitet, weil aufgrund der demografischen Entwicklung die Bistumseinnahmen in den kommenden Jahren und Jahrzehnten deutlich zurück gehen werden. Bei diesem strukturellen Defizit handelt es sich um eine mittel- bis langfristige Entwicklung, der mit mittel- und langfristig wirkenden Maßnahmen begegnet werden muss, um das Bistum zukunftsfest aufzustellen. Unterstellt man die von den Steuerschätzern erwartete Entwicklung zu den Auswirkungen der Corona-Pandemie, wonach sich die Steuereinnahmen in den kommenden Jahren wieder erholen, so wäre der jetzige drastische Rückgang der Steuereinnahmen ein kurzfristiger Effekt, der durch Rücklagenentnahmen ausgeglichen werden könnte. Sollte die Pandemie jedoch tiefere Spuren bei der wirtschaftlichen Entwicklung und den Steuereinnahmen hinterlassen, würde dies das Bistum auch zu kurzfristigen Maßnahmen zwingen. Bereits im Jahr 2004 hatte es einen erheblichen Einbruch bei den Kirchensteuereinnahmen gegeben; auch seinerzeit wurden zunächst die Investitionen deutlich zurückgefahren.

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