Auftakt zum Verfahren gegen möglichen Mittäter und Auftraggeber

Stiftskreuz-Prozess: Angeklagter erklärt sich für unschuldig

Der Angeklagte im zweiten Prozess um das Borghorster Stiftskreuz hat sich zu Prozessbeginn vor dem Landgericht Münster für unschuldig erklärt. Der Mann wird als Mittäter und möglicher Auftraggeber des Diebstahls gesehen.

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Der Angeklagte im zweiten Prozess um das Borghorster Stiftskreuz hat sich zu Prozessbeginn vor dem Landgericht Münster für unschuldig erklärt. „Ich habe keinen angestiftet, das Kreuz zu stehlen, und war an dem Raub auch nicht in anderer Weise beteiligt“, ließ der 42-jährige Türke Seyhmus C. über seine Anwälte erklären.

Die Unterstellung, er habe den Auftrag zum Diebstahl des Kreuzes geben können, sei absurd. „Ich habe meine Informationen darüber nur vom Hören-Sagen“, betonte der Angeklagte in dem Statement.

 

Angeklagter: Ich hatte keinerlei Vorteil

 

Seyhmus C. erklärte, er habe so gut und richtig ausgesagt, wie er gekonnt habe, „aber man hat mir nicht geglaubt“. Aus der Untersuchungshaft war C. Mitte Februar 2017 entlassen worden, nachdem auch er an der Rückgabe des Kreuzes an Vertreter des Bistums Münster mitgewirkt hatte. Die U-Haft sei für ihn sehr schwer gewesen. Er bitte darum, den Arrestbeschluss aufzuheben, sowie um einen schnellen Prozess.

Der Angeklagte führte aus, er habe von dem Diebstahl durch seinen Neffen erfahren, der an der Tat beteiligt war. Auch habe er in seinem Bremer Viertel Gerüchte gehört, die Diebe suchten nach Absatzmöglichkeiten. Er selbst habe bei der Vermittlung des Kreuzes an einen ihm unbekannten Käufer geholfen, aber keinerlei Vorteil davon gehabt.

 

„Gericht und Staatsanwaltschaft liegen falsch.“

 

Ganz im Gegenteil habe er von den 150.000 Euro, die letztlich an die Diebe gegangen seien, noch 52.000 Euro selbst beigesteuert. „Ich habe für die Rückgabe also noch bezahlt, inzwischen viel gelernt und beklage mich nicht“, ließ der Angeklagte zu Protokoll geben. „Gericht und Staatsanwaltschaft liegen falsch.“

Gerd Althoff, Senior-Professor für Mittelalterliche Geschichte an der Universität Münster, versuchte im Zeugenstand, den Wert des Stiftskreuzes einzuordnen. Der Experte, der sich seit Jahrzehnten mit dem Kreuz beschäftigt, bezeichnete es als „eines der bedeutendsten salischen Zeugnisse des 11. Jahrhunderts in Europa“.

 

Wert des Kreuzes bei mehr als sieben Millionen Euro

 

Das Borghorster Stiftskreuz sei mit Reliquien „von Heiligen höchsten Ranges“ ausgestattet, auf der Vorderseite mit Goldblech und auf der Rückseite mit Kupferblech verkleidet. Zudem sei es mit Halbedelsteinen und ägyptischen Bergkristallen geschmückt. „Es gibt viele Vortragekreuze dieser Art, aber nicht genau diese Darstellung“, erläuterte Althoff. „Für dieses Kreuz gibt es allerdings keinen Markt. Man kann es nicht verkaufen.“ Bei mehreren Ausstellungen, die Althoff betreut hatte, sei es von der Versicherung mit einem Wert von 7,5 bis 7,75 Millionen Euro veranschlagt worden.

Da die Borghorster Pfarrei den dringenden Wunsch geäußert habe, das Kreuz in die Liturgie zu integrieren, sei es in einer Glasvitrine in der Kirche und nicht im Tresor der Sakristei aufbewahrt worden. „Dabei wäre mir wohler gewesen“, fügte der Historiker hinzu.

Das Stiftskreuz war am 29. Oktober 2013 aus der Kirche St. Nikomedes in Steinfurt-Borghorst gestohlen worden. Im Oktober 2015 wurden drei Männer einer arabisch-libanesischen Großfamilie aus Bremen wegen des Diebstahls zu Haftstrafen von viereinhalb bis fünf Jahren verurteilt. Im September 2016 wurde Seyhmus C. als möglicher Komplize und Auftraggeber der drei Inhaftierten festgenommen.

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