Joachim Frank über angekündigte Veränderungen bei der Weltbischofssynode

Stimmrecht der Frauen nur Kosmetik für fortdauernde Diskriminierung

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Bei Bischofssynoden sollen künftig auch Laien und Frauen mit abstimmen dürfen. Diese päpstliche Reform macht die bestehende Ungleichheit in der Kirche nur um so deutlicher, meint Joachim Frank.

Für die Weltsynode im Herbst hat Papst Franziskus eine bemerkenswerte Neubesetzung verfügt: 80 Nicht-Bischöfe – Priester, Diakone, Ordensleute, Laien – sollen den 290-köpfigen Club der Episkopen ergänzen. Damit haben erstmals auch Frauen Sitz und Stimme in der Synodenaula.

Das klingt nach einer Revolution in der Männerkirche. „Um Gottes Willen, nein!“, entgegnen eilends die Papstflüsterer in Rom, die Kardinäle Mario Grech und Jean-Claude Hollerich. In ihren Händen liegt die Organisation der Synode. Der Papst wünsche die Teilnahme von Frauen mit Stimmrecht, weil „unsere Welt so beschaffen“ sei. Finde den Fehler!

Abbild der Machtverhältnisse

Der Autor
Joachim Frank ist DuMont-Chefkorrespondent und Mitglied der Chefredaktion des „Kölner Stadt-Anzeiger“, Vorsitzender der Gesellschaft Katholischer Publizisten Deutschlands (GKP) und Mitglied im Zentralkomitee der deutschen Katholiken (ZdK). Frank ist Träger des „Stern-Preises“ 2023.

Die katholische Welt ist so beschaffen, dass die Bischöfe etwa 0,0004 Prozent aller Gläubigen weltweit stellen. Der Frauenanteil dürfte – ähnlich wie in der Gesamtbevölkerung – etwa hälftig sein, bei den kirchlich Engagierten indes deutlich höher liegen.

Auf der Synode aber stellen die Bischöfe nach wie vor 80 Prozent der Stimmberechtigten. Die Frauen sind zu 40, als Ergebnis einer ausgeklügelten Quotierung und nach handverlesener Auswahl durch die nationalen Bischofskonferenzen. Rund zehn Prozent weibliche Synodale bilden nicht im Entferntesten die Zahlenverhältnisse in der Kirche ab. Sehr wohl aber die realen Machtverhältnisse.

Frauenrechte sind kein Gnadenerweis

An den Bischöfen geht in der Synode weiterhin kein Weg vorbei. Auf so etwas wie eine Sperrminorität brauchen die Nicht-Bischöfe und hier speziell noch einmal die Frauen keinen Gedanken zu verschwenden. Selbst wenn sie zusammen mit den Klerikern die Hand heben oder ihren Stimmzettel abgeben dürfen – sie bleiben Ungleiche in einem auf Ungleichheit angelegten System, in dem am Ende – das sei nicht vergessen – ohnehin der Papst allein entscheidet. Synodenbeschlüsse sind, so gesehen, auch nichts anderes als fromme Wünsche.

Paradoxerweise macht das päpstliche Zugeständnis an die Frauen dieses krasse Missverhältnis und die dogmatisch zementierte Ungerechtigkeit umso schmerzhafter deutlich. Es muss daher niemanden wundern, dass wache, selbstbestimmte und – ja – ihrer Kirche immer noch verbundene Katholikinnen keine Dankbarkeitsadressen nach Rom senden, sondern geltend machen: Frauenrechte sind kein Gnadenerweis. Ein bisschen Mitbestimmung ist am Ende auch nur ein bisschen Kosmetik für fortdauernde Geschlechterdiskriminierung.

In unseren Gastkommentaren schildern die Autor:innen ihre persönliche Meinung zu einem selbst gewählten Thema. Sie sind Teil der Kultur von Meinungsvielfalt in unserem Medium und ein Beitrag zu einer Kirche, deren Anliegen es ist, die Zeichen der Zeit zu erkennen.

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