Bistum Essen legt Ergebnisse von Austritts-Befragung vor

Studie: Kirche sollte sich mehr um Nicht-Kirchgänger kümmern

Das Frauenbild der Kirche sowie ihre Haltung zu Homosexualität, wiederverheirateten Geschiedenen und Zölibat sind laut Studie des Bistums Essen die häufigsten Gründe für einen Kirchenaustritt. Und die Studie gibt der Kirche Handlungsempfehlungen.

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Die Kirchensteuer ist nach einer Studie nur Auslöser für einen Kirchenaustritt. Hauptursache seien Entfremdung und eine fehlende emotionale Bindung, heißt es in der am Donnerstag in Essen vorgestellten Befragung des Ruhrbistums. Entscheidend sei zudem das Erscheinungsbild der Kirche; besonders die Sexualmoral werde mit einer „nicht mehr zeitgemäßen Haltung“ verbunden.

Zu den am meisten genannten Austrittsgründen zählen das Frauenbild der Kirche sowie ihre Haltung zu Homosexualität, wiederverheirateten Geschiedenen und Zölibat, wie es hieß. Jeder zehnte Befragte nannte die Missbrauchsfälle oder die Finanzaffäre um das Limburger Bischofshaus als Motiv. Für viele Kirchenmitglieder seien Erfahrungen bei persönlichen Gottesdiensten wie Taufen, Trauungen oder Beerdigungen ein wichtiges Kriterium. Wenn etwa eine Erstkommunionfeier durch schwerwiegende Enttäuschungen getrübt werde, sei oft ein Austritt die Folge.

 

Mehr Angebote für 25- bis 35-Jährige

 

Eine große Zahl der Mitglieder sind laut der im Freiburger Verlag Herder erscheinenden Studie nur noch formal Teil der Kirche. Den mehr als 90 Prozent Kirchenmitgliedern, die keine Gottesdienste besuchen, sei mehr Beachtung zu schenken. Ihnen müsse die Kirche neue Wege der Beteiligung ermöglichen. Vor allem den 25- bis 35-Jährigen sei mehr Aufmerksamkeit zu widmen, weil zwischen Karriere- und Familienplanung die Zahl der Kirchenaustritte besonders hoch sei. Eine überraschende Erkenntnis sei aber auch, dass für einige Befragte die Kirche nicht mehr traditionell und spirituell genug sei. Auch diese Zielgruppe benötige eigene Angebote.

Die Wissenschaftler empfehlen einen offensiven Umgang mit der katholischen Sexualmoral. Positionen zu Homosexualität und wiederverheirateten Geschiedenen sollten verständlich formuliert sein, damit auch Ehrenamtliche sie vertreten könnten. Auch müsse mehr der Wert der Moral dargestellt werden, statt Verbote zu formulieren.

 

Generalvikar: Ausgetretene müssen „wichtige Ansprechpartner“ sein

 

Der Kirche könne es nicht egal sein, wenn Katholiken enttäuscht oder gar zornig austreten, erklärte Essens Generalvikar Klaus Pfeffer. Ausgetretene und Austrittswillige müssten für die Kirche „wichtige Ansprechpartner“ sein. An einer Online-Umfrage beteiligten sich nach den Angaben rund 3.000 Personen aus dem Ruhrgebiet, darunter 450 Ausgetretene. Zusätzlich seien rund 40 Einzelinterviews geführt worden.

Beteiligt an der Studie „Kirchenaustritt - oder nicht?“ sind die Universität Siegen, die CVJM-Hochschule Kassel, das Zentrum für angewandte Pastoralforschung der Ruhr-Universität Bochum und das Philosophisch-theologische Institut M.-Dominique Chenu in Berlin.

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