Im Auftrag des Bistums Essen wurden auch Ausgetretene befragt

Studie: Menschen verlassen Kirche nach langer Entfremdung

Geld ist nach einer Online-Umfrage des Bistums Essen oft nur das letzte Motiv für den Kirchenaustritt. Der Siegener Religionspädagoge Ulrich Riegel sagte, einem Austritt gehe meist ein langer Entfremdungsprozess voraus.

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Geld ist nach einer Online-Umfrage des Bistums Essen oft nur das letzte Motiv für den Kirchenaustritt. „Es greift viel zu kurz, die Abwendung von der Kirche nur an der Kirchensteuer festzumachen“, sagte der Siegener Religionspädagoge Ulrich Riegel der Katholischen Nachrichten-Agentur. Dem Austritt gehe meist ein langer Entfremdungsprozess voraus.

Riegel leitet eine Studie im Auftrag des Essener Generalvikariats, die Gründe für den Austritt und den Verbleib in der Kirche klären will. An der im März gestarteten Online-Umfrage haben sich nach seinen Angaben rund 3.000 Personen aus dem Ruhrgebiet beteiligt, darunter 305 Ausgetretene. Zusätzlich seien rund 40 Einzelinterviews geführt worden.

 

Unzeitgemäßes Erscheinungsbild

 

Eine große Gruppe nannte laut Riegel die Kirchensteuer, das Erscheinungsbild oder eine unzeitgemäße Haltung der Kirche als Gründe für einen Austritt. Weitere Motive seien Skandale, die Ablehnung moralischer und besonders sexualethischer Positionen der Kirche oder das katholische Frauenbild.

Der Hauptgrund aber dürfte sein, dass viele Menschen gar keine Bindung zur Kirche aufgebaut oder diese verloren haben: „Da ist also gar keine Beziehung (mehr) vorhanden – und bei einem persönlich enttäuschenden Erlebnis oder einer höheren Kirchensteuer erfolgt dann der Austritt“, sagte der Theologe.

 

„Gottesdienste sind die zentralen Angebote“

 

An die Kirche gebundene Menschen schätzen laut Riegel an ihr, dass sie Raum bietet, den Glauben gemeinsam zu leben. „Für mich heißt das: Gottesdienste sind die zentralen Angebote der Kirche. Diese heiligen Kühe darf die Kirche nicht anfassen, sondern sie muss die Liturgie gut gestalten.“ Bindung zur Kirche schließe ein kritisches Verhältnis zu ihr nicht aus, sagte Riegel. Zudem gebe es Ausgetretene, die dennoch eine gewisse Bindung zur Kirche hätten.

Mit Blick auf das Thema Sexualität meinte der Wissenschaftler, die Kirche müsse darüber ganz anders reden. Bei den Ausgetretenen komme an: „Du musst diese Norm erfüllen“ oder „Du darfst keinen Spaß haben“, so Riegel. „Da kommt von der frohen Botschaft, die die Kirche verkündigen will, nicht so viel rüber.“

Hier geht es zur neuen Studie.

Riegel, der mit Tobias Faix und Thomas Kröck vom Kasseler Forschungsinstitut „empirica für Jugendkultur und Religion“ die Umfrage auswertet, hat eine weitere Studie zum Thema aufgelegt. Mit der Befragung soll noch genauer der Frage nachgegangen werden, warum Menschen in der Kirche bleiben.

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