Kommentar von Jesaja Michael Wiegard zum weltweiten Gesprächs- und Gebetsprozess von Papst Franziskus

„Synode für alle!“

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So etwas wie eine "Welt-Synode" hat Papst Franziskus auf den Weg gebracht, die alle Teile der Kirche in den Bistümern und auf den Kontinenten mittragen sollen. Doch wie kann das gelingen angesichts unterschiedlicher Kulturen, Sprachen, Glaubensformen? Jesaja Michael Wiegard stellt in seinem Gast-Kommentar ein bewährtes Vorbild vor - aus der Welt der Klöster.

Gefallen hat mir immer, dass ich über Jahre hinweg dem ältesten westlichen Mönchs-Orden angehört habe. Eine der grundlegenden Ideen: Die Benediktinerklöster weltweit sind zu autonomen Kongregationen zusammengeschlossen, die in der Konföderation mit dem frei gewählten Abtprimas in Rom verbunden sind.

Genial ist, dass die Grundstruktur autonomer und kooperierender Ortskirchen um die Äbte herum es geschafft hat, eine gemeinsame Identität als Benediktiner zu wahren. Sie alle orientieren sich an der „Regula Benedicti“ und verstehen sich im Kern als Glaubensgemeinschaften der Gottsuche. Die „stabilitas in congregatione“, also die „Beständigkeit im Aufeinanderzugehen“ (und nicht: „in loci“ – am Ort, das ergibt sich nur), ist der bleibende Markenkern der Benediktiner.

 

Gleichberechtigt, lateinisch und bunt

 

Der Autor:
Jesaja Michael Wiegard (geb. 1967) ist politisch engagierter Christ und Theologe, arbeitet in der beruflichen Erwachsenenbildung und hat ein gutes Jahrzehnt im Sauerland als Benediktiner gelebt.

Mindestens alle vier Jahre kommen die Äbte in Rom zusammen, um die grundsätzlichen Fragen miteinander gleichberechtigt zu besprechen. Zweimal durfte ich mit­erleben, wie es ist, die lateinischen Gesänge mit den Dialekten aus Vietnam, Nordamerika, Deutschland und Kongo gemeinsam zu singen. Gesprochen wurde Deutsch, Englisch, Französisch – eine bunte Vielfalt.

Es entspricht der Tiefenweisheit der jesuitischen Tradition, in Zeiten der Krise zurückzugreifen auf die Grundimpulse der Kirche am Anfang: Eine Gemeinschaft von Gemeinden, die einander wechselseitig anerkennen und respektierten, sich gemeinsam an den lebendigen Weg-Gemeinschaften von Rom und Jerusalem orientieren.

 

Alle müssen gehört werden

 

Nicht ohne miteinander zu streiten, nicht ohne grundsätzliche theologische Fragen in heftigen Debatten auszufechten, nicht ohne sich selbst immer wieder in Frage stellen zu lassen.

Es ist wohl an der Zeit, dass ein jesuitischer Franziskus diese Grundidee einer benediktinisch-synodal verfassten Kirche neu ins Leben ruft. Ob nun synodaler Weg oder eine Folge von Synoden und Kontinentalkonzilien, wichtig ist, dass alle Stimmen in den kommenden zwei Jahren gehört werden, dass die schon begonnenen Gespräche einmünden in den großen Dialog der Kirche, der Ortskirchen innerhalb der einen Kirche.

Sollte dies gelingen, wird das auch ein guter Impuls für die Ökumene der Kirchen sein. Eine wirklich katholisch auf das Ganze gehende Kirche! Es ist nicht das „deutsche Wesen, an dem die Welt genesen“ soll. Es ist eine Rückkehr zu den Ursprüngen der kirchlichen Gottsuche. In diesem Sinne bin ich strukturkonservativ – und kann das nur empfehlen.

Die Positionen der Gast-Kommentare spiegeln nicht unbedingt die Meinung der Redaktion von „Kirche-und-Leben.de“ wider.

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