Michael Rottmann: Kommt die Steuersenkung bei Bedürftigen an?

Tankrabatt gestartet: Zapfsäule darf keine Gießkanne sein!

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Neben dem 9-Euro-Ticket für den öffentlichen Nahverkehr ist der Tankrabatt in diesen Tagen in aller Munde. Doch die Hilfe kommt nicht bei den Bedürftigen an, kommentiert Redakteur Michael Rottmann.

Es ist wie im Garten: Eine breite Gießkannenbrause trifft die durstigen Pflänzchen nur ungenau. Das meiste vom kostbaren Nass versickert, wo es nicht gebraucht wird. So wie bei dem seit 1. Juni geltenden Tankrabatt per Steuersenkung.

Von der „Gießkanne“ hat das Prinzip seinen Namen, in dem immer auch ein Vorwurf mitklingt: dass Hilfen nicht denen zugutekommen, die sie wirklich benötigen. Wie diesmal wieder.

Tankrabatt fragt nicht nach Bedürftigkeit

Denn so schön es klingt: 35 Cent weniger Steuern auf Benzin, 17 Cent weniger auf Diesel – dieses zusätzliche Urlaubsgeld für alle ist kein wirklicher Grund zur Freude.

Nicht nur, weil das Ganze in drei Monaten wieder vorbei sein wird. Sondern auch, weil der klimapolitisch fragwürdige Rabatt an der Zapfsäule nicht nach Bedürftigkeit fragt. Weder der von Familien noch der von bedrohten Branchen oder Unternehmen. Und das wäre besser.

Gesellschaft droht weitere Spaltung

Ein paar Euro mehr fürs Benzin sind für die meisten Luxus-Klasse- oder SUV-Fahrer zwar ärgerlich, aber doch nicht bedrohlich! Wenn sie nicht sowieso schon längst auf einen edlen Stromer umgestiegen sind.

Anders sieht es aus bei dem wegen hoher Innenstadtmieten pendelnden Altenpfleger oder der alleinerziehenden Kassiererin mit Halbtagsjob aus. Bei ihnen müsste aber in Krisen wie der jetzigen eher noch mehr Hilfe ankommen: am unteren Ende einer von weiterer Spaltung bedrohten Gesellschaft.

Bürger entlasten geht effektiver

Besonders bei Menschen knapp über der Bedürftigkeitsgrenze. Die spüren die Krise Tag für Tag im Portemonnaie. Acht Prozent mehr als im Vorjahr kosten Lebensmittel. Und ihre Angst vor der nächsten Gas- oder Stromabrechnung wächst. Sie können sich schließlich nicht mal eben eine Photovoltaikanlage aufs Dach setzen oder ein Elektro-Auto vor die Tür stellen.

Natürlich ist es richtig, Bürger in schwierigen Zeiten finanziell zu entlasten. Das aber geht effektiver mit zielgenauen Hilfen für Bedürftige wie etwa dem von Bundesarbeitsminister Hubertus Heil jetzt ins Spiel gebrachten sozialen Klimageld. Und nicht dadurch, dass man die Zapfsäule zur Gießkanne macht.

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