THEMENWOCHE EINSAMKEIT (2)

Wie einsam sind wir wirklich? Daten und Fakten

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Für wie viele Menschen ist Einsamkeit ein Problem? Kirche+Leben hat einen aktuellen Bericht der Bundesregierung ausgewertet.

Ob Nachwirkung der Corona-Pandemie oder Resultat einer Singlegesellschaft – vielen Beobachtern gilt Einsamkeit als großes Problem unserer Zeit. Aber lässt sich das mit Zahlen belegen? Zum Beispiel präsentierte das Bundesfamilienministerium im vergangenen Jahr ein „Einsamkeitsbarometer“, das sich in einer langfristigen Perspektive mit dem Thema befasst.

Grundlage der repräsentativen Untersuchung sind Daten des am Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung angesiedelten Sozio-oekonomischen Panels aus den Jahren 1992 bis 2021. Der Bericht versteht „Einsamkeit“ mit den Psychologen Daniel Perlman und Letitia Anne Peplau als „subjektive Mangelempfindung“. Einsamkeit lasse sich nicht allein an der Zahl der sozialen Kontakte einer Person festmachen. Auch deren Qualität sei entscheidend.

Überraschende Zahlen

Themenwoche Einsamkeit
In dieser aktuellen Themenwoche stehen einsame Menschen im Zentrum. Wir erzählen die Geschichte eines Menschen, geben einen Überblick über Zahlen und Fakten zu Einsamkeit, zeigen an Beispielen, wie kirchliche Einrichtungen Angebote für Alleinstehende machen. Wir geben Tipps für Betroffene und Angehörige. Und erläutern mit einem Blick in die Spiritualität, wie Einsamkeit sogar einen guten Kern haben kann.

Die zusammengetragenen Zahlen zur Einsamkeitsbelastung warten mit einer Überraschung auf. Von 1992 bis 2013 zeige sich „über alle Altersgruppen hinweg ein positiver Trend“. Die Einsamkeitsbelastung sei in der Gesamtbevölkerung bis 2013 auf 5,3 Prozent gesunken. Ein solcher Trend zeige sich auch bei Personen über 75 Jahren, obwohl deren Einsamkeitsbelastung mit 9 Prozent etwas höher liege.

Wenig überraschend stieg die Einsamkeitsbelastung in der Gesamtbevölkerung während der Coronapandemie auf 28,2 Prozent. Allerdings sank sie bereits im zweiten Jahr der Krankheitswelle 2021 wieder auf 11,2 Prozent. Darüber hinaus hätten sich die Verhältnisse in diesem Jahr umgekehrt. Bei den 18- bis 29-Jährigen liege die Einsamkeitsbelastung mit 14,1 Prozent höher als bei den Personen über 75 Jahren mit 9,8 Prozent. Die Einsamkeitsbelastung der Alten habe sich nach der Pandemie „besser normalisiert“.

Geschlecht und Partnerschaft sind wichtige Faktoren

Neben dem Alter seien auch Geschlecht und Lebensform entscheidend. So liegt der Anteil einsamkeitsbelasteter Frauen (12,8 Prozent) 2021 in Deutschland entgegen gängigen Klischees höher als der Anteil einsamkeitsbelasteter Männer (9,8 Prozent).

Bei den Lebensformen trifft jedoch der spontane Gedanke zu, dass man gemeinsam weniger einsam ist: Der Anteil einsamkeitsbelasteter Personen lag 2021 bei Menschen, die ohne Partner im Haushalt leben, mit 13,8 Prozent um 4,3 Prozent höher als bei Menschen, die mit Partner in einem Haushalt leben. Allerdings sank auch dieser Abstand von 2013 bis 2021 um 1,8 Prozent.

Positiver Trend?

Bemerkenswert ist, dass die Zahl der Singlehaushalte zwischen 1991 und 2021 vor allem unter den 18- bis 29-Jährigen (+15,7 Prozent) zunahm. Über-75-Jährige leben seither dagegen deutlich häufiger in Partnerschaften (-16,7 Prozent).

Schlussendlich weist das „Einsamkeitsbarometer“ also darauf hin, dass sich der positive Trend trotz einiger Hindernisse weiter verfestigt. Gleichwohl sagt das nichts über einsame Menschen aus, deren Situation sich nicht verbessert hat. Sie leiden vielleicht umso mehr.

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