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In diesen Wochen empfangen viele junge Menschen ihre erste heilige Kommunion. Das Kirche+Leben-Team erinnert sich. Diesmal: Michael Rottmann.
1971 wurden wir klassenweise vorbereitet. Von der Religionslehrerin und vom Pastor, der dafür in die Schule kam. An eine meiner Fragen kann ich mich noch erinnern: Wie die Hostie wohl schmeckt? Und an meine Angst: Hoffentlich fällt sie mir nicht vor Aufregung herunter!“
Damals war es üblich, dass Nachbarn den Hauseingang der Kommunionkinder schmücken - mit Buchsbaum-Stämmchen, weiß-gelbem Kreppband und bunten Papierschnipseln vor der Treppe. Für den Tag war eine entfernte Tante als Köchin ins Haus gekommen. Sie sorgte für ein bei uns damals übliches Festessen: als Vorspeise eine Hühnersuppe mit Eierstich, dann Braten und Hühnerfrikassee mit Kartoffeln und Gemüse. Und zum Nachtisch Eis mit heißen Kirschen. Auch Wein stand auf dem Tisch. Ungewöhnlich, weil es den sonst bei uns zu Hause nie gab, auch später nicht.
Glückwünsche von den Nachbarn
Den ganzen Tag über klingelte es an der Haustür. Die Glückwunschkarten wurden damals von Nachbarskindern vorbeigebracht. Als Dankeschön gab es für jeden dieser Boten eine Tafel Schokolade. Meist steckten fünf oder zehn Mark in den Umschlägen. Von dem Geld durfte ich mir später ein Fahrrad kaufen, mein erstes „mit Stange“ und mit Tacho. Noch immer habe ich es als mein „Kommunionsrad“ in Erinnerung.
Manche Gäste brachten auch Geschenke mit. Bücher, Stofftaschentücher, einen Reisewecker, einen Rosenkranz, Fotoalben und ein „Laudate“-Gesangbuch. Mein Opa hat mir damals die Uhr geschenkt, die er selbst zur Pensionierung bekommen hatte. Nach dem Kaffeetrinken mit Frankfurter Kranz und Schwarzwälder Kirschtorte stellten wir uns im Garten zu den Kommunionsfotos auf. Ein Onkel besaß als Einziger in der Familie eine Kamera und war zuständig für die Bilder.
Abends zur Dankandacht
Anschließend zündeten sich die Männer im Wohnzimmer eine Zigarre zu einem Glas Weinbrand oder einem Bier an. Gut erinnere ich mich noch an die blaugraue Wolke und an meine Übelkeit. Wobei mir nicht klar ist, ob sie vom Qualm oder von den Weinbrandpralinen herrührte, die meine Mutter auf den Tischen verteilt hatte. Abends ging es noch zur Dankandacht in die Kirche. Was ich schon damals für einen unglücklichen Termin hielt. Weil doch alle Verwandten von weit her zusammengekommen waren – und das Fest um 18 Uhr auf einen Schlag endete.