Liturgiewissenschaftler Stuflesser verteidigt Aussetzen von Gottesdiensten

Theologe: Kein Bischof verordnet böswillig „eucharistische Diät“

Der Würzburger Theologe Martin Stuflesser verteidigt die Gottesdienst-Pause in der Corona-Krise. Zugleich betont er, das Virus sorge noch lange Zeit für Einschränkungen.

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Aus Sicht des Würzburger Theologen Martin Stuflesser wird die Corona-Krise katholische Gottesdienste längerfristig verändern. Auf der einen Seite habe die Notlage kreative neue Formen hervorgebracht, sagte er bei „katholisch.de“: „Ich wünsche mir, dass vieles von dem, was jetzt an wunderbaren neuen Dingen entstanden ist, weiter fortbesteht – aber auch, dass wir in Zukunft genauer hinschauen, wie wir Gottesdienst feiern.“

Auf der anderen Seite sei noch für lange Zeit mit Einschränkungen zu rechnen, so der Liturgiewissenschaftler: „Es muss klar kommuniziert werden, dass sich Menschen in einem Gottesdienst möglicherweise anstecken könnten und im allerschlimmsten Fall auch daran sterben.“ Wer zum Gottesdienst gehe, habe ein höheres Risiko. Doch gebe es „derzeit keinen Bereich in der Gesellschaft, in dem wir dieses Restrisiko ausschließen können“.

 

„Erfahrungen mit Corona-Gottesdiensten auswerten“

 

Stuflesser verteidigte die Entscheidung, öffentliche Gottesdienste über Wochen auszusetzen. Die Bischöfe hätten die Eucharistiefeier „ja nicht mutwillig verweigert“, sondern hätten auf eine extreme Ausnahmesituation reagieren müssen: „Kein Priester oder Bischof setzt die Gläubigen böswillig auf eine ,eucharistische Diät'. So etwas zu behaupten käme einer Verschwörungstheorie gleich.“

Derzeit seien Gottesdienste durch viele hygienische Vorgaben bestimmt. Entscheidend sei, ab wann die Liturgie unangemessen eingeschränkt sei: „Das wäre der Fall, wenn Menschen im großen Stil von den Gottesdiensten ausgeschlossen würden oder die Form der Kommunionspendung mehr als merkwürdig anmutet.“ Um das zu beurteilen, müsse man zunächst Erfahrungen auswerten, auch in der Wissenschaft.

 

„Kleinstaaterei“ der Bistümer

 

Problematisch, so der Experte, sei eine gewisse „Kleinstaaterei“ mit unterschiedlichen Regelungen pro Bistum und Bundesland: „Es ist daher sehr wichtig, dass den Gläubigen noch deutlicher als bisher erklärt wird, warum welche Maßnahmen getroffen wurden.“

Er könne verstehen, dass auch Bischöfe je nach Lage und Struktur ihres Bistums zu unterschiedlichen Einschätzungen kommen, so Stuflesser. Er fände es jedoch traurig, sollte es zwischen den Bischöfen zu einem „Öffnungswettbewerb“ kommen.

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