Katholischer Fakultätentag zum Fall Wucherpfennig

Theologe Schmiedl: Lehrerlaubnis nicht an Interviews festmachen

Der Vatikan soll nach Ansicht des Kirchenhistorikers Joachim Schmiedl Theologen nicht auf Grundlage von Interviews beurteilen, sondern aufgrund wissenschaftlicher Aufsätze. Schmiedl ist Vorsitzender des Katholischen Fakultätentags.

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Der Vatikan soll nach Ansicht des Kirchenhistorikers Joachim Schmiedl Theologen nicht auf Grundlage von Interviews beurteilen. Diese seien „zugespitzt, verkürzt, alltagssprachlich formuliert“, sagte er den Zeitungen der Verlagsgruppe Bistumspresse in Osnabrück. Da könne es schnell zu Missverständnissen kommen, wenn man einzelne Sätze herausziehe, so der Vorsitzende des Katholisch-Theologischen Fakultätentags. Er äußerte sich zur ausbleibenden Unbedenklichkeitserklärung des Vatikans für eine weitere Amtszeit von Jesuitenpater Ansgar Wucherpfennig als Rektor der katholischen Hochschule St. Georgen.

„Unserer Meinung nach sollte die Beurteilung nur aufgrund wissenschaftlicher Veröffentlichungen erfolgen“, so Schmiedl. Dass es vermehrt „selbsternannte Glaubenswächter“ gebe, die ihnen missliebige Interviews an zuständige Stellen schickten, mache die Sache nicht einfacher.

 

Streit um Rektor Wucherpfennig

 

Wucherpfennig wurde im Februar für eine dritte Amtszeit als Rektor der Philosophisch-Theologischen Hochschule St. Georgen wiedergewählt. Dort lassen die Bistümer Hamburg, Hildesheim, Limburg und Osnabrück ihre Priesteramtskandidaten ausbilden. Der Vatikan erteilte ihm bislang noch nicht das erforderliche „Nihil obstat“. Wucherpfennig hatte sich in Interviews kritisch zum Umgang der Kirche mit Homosexuellen und mit Frauen geäußert und Segensfeiern für homosexuelle Paare befürwortet.

Generell hält Schmiedl die Unbedenklichkeitserklärung im Zug einer Berufung von Theologen nach wie vor für gerechtfertigt. „Schließlich lehren wir auch im Namen der Kirche und bilden für die Kirche aus.“ Vergleichbar sei das mit den juristischen Fakultäten, in denen der Staat mitbestimme.

 

Häufige Ermahnungen an Theologen

 

Auch sei die Theologie in Deutschland „ziemlich frei“, so der Kirchenhistoriker. Papst Franziskus habe die Theologen mehrfach aufgefordert, frei zu diskutieren, „und das machen wir auch“, sagte Schmiedl. So werde beim Thema Sexualmoral derzeit viel offener diskutiert als vor 20 oder 30 Jahren.

In der Kurie gebe es unterschiedliche Strömungen, führte der Theologe aus. Es geschehe häufiger, dass bei Theologen schriftliche Ermahnungen eingingen und ihnen Disziplinarmaßnahmen angedroht würden. Das „verschärfe den Glaubwürdigkeitsverlust in Amts- und Machtstrukturen dramatisch“. Für die deutsche Theologie sei aber klar: „Wir schlagen uns auf die Seite von Franziskus.“

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