Anzeige
Der Dogmatikprofessor Michael Seewald aus Münster glaubt nicht, dass die aktuelle Reformdebatte zu konkreten Veränderungen in der katholischen Kirche führen wird. Im Deutschlandfunk sagte er, er könne sich kaum vorstellen, dass aus dem von den Bischöfen beschlossenen „verbindlichen synodalen Weg“ so konkrete Ergebnisse herauskommen, dass es „tatsächlich dauerhaft gelingt, die Kirche in Deutschland zu befrieden“.
Die Bischöfe wollen zusammen mit Laien und externen Fachleuten Positionen zu wichtigen Fragen klären. Dabei soll es vor allem um die Themen Macht, kirchliche Sexualmoral, Lebensform der Priester und Frauen in der Kirche gehen.
Seewald: Lehre der Kirche hat sich deutlich geändert
Deutschlands jüngster Theologieprofessor (31) nannte den „synodalen Weg“ eine „Maßnahme, um, einfach gesagt, jetzt Druck aus dem Kessel zu nehmen“. Problematisch sei aus seiner Sicht, „dass man eine Verschiebung von Argument zu Autorität vollzogen hat“. Immer häufiger werde „Katholisch sein so definiert, dass an ganz bestimmten Sätzen unveränderlich festgehalten werden müsste“. Hier beobachte er eine „lehramtliche Panikmache“ und ein „sehr verengtes Kirchenbild“.
Dabei habe sich die Lehre der Kirche im Laufe der Zeit deutlich geändert und sich selbst auch korrigiert, betonte der Inhaber des Lehrstuhls für Dogmatik und Dogmengeschichte an der Universität Münster. Als Beispiele nannte er Änderungen bei der Priesterweihe durch Papst Pius XII., die stillschweigende Abkehr von der Lehre, alle Menschen stammten biologisch von Adam und Eva ab und die Kehrtwende zur Religions- und Gewissensfreiheit durch das Zweite Vatikanische Konzil (1962-1965). Heute täten einige Theologen und Bischöfe so, als habe die Kirche die Menschenrechte erfunden und sei schon immer für Gewissensfreiheit eingetreten.
Seewald: Niemand will alles über Bord werfen
Die Aufgabe eines zeitgemäßen theologischen Diskurses sei es natürlich nicht, einfach alles beliebig zu machen oder alles über Bord zu werfen, betonte der Theologe weiter: „Das will ja niemand. Das ist immer so ein Feindbild, das von gewisser Seite kreiert wird, aber das kann ja keine seriöse theologische Auseinandersetzung sein, sondern Aufgabe der Theologie ist es, wieder stärker von Autorität zu Argument zu kommen.“