Freiburgerin Ursula Nothelle-Wildfeuer äußert sich

Theologin: Mit „Reförmchen“ kann Kirche Vertrauenskrise nicht überwinden

  • Mit „Reförmchen“ kann die katholische Kirche ihre Vertrauenskrise nicht überwinden.
  • Dies erklärte die Freiburger Theologin Ursula Nothelle-Wildfeuer beim Neujahrsempfang des Erzbistums Bamberg.
  • Auch Weihbischof Herwig Gössl unterstützten Nothelle-Wildfeuers Appell für mehr Geschwisterlichkeit in der Kirche.

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Die Freiburger Theologin Ursula Nothelle-Wildfeuer sieht in „Reförmchen“ keine Option für die katholische Kirche. Damit könne sie ihre Vertrauenskrise nicht überwinden, sagte die Sozialethikerin beim Neujahrsempfang des Erzbistums Bamberg am Samstag in Hof. Von den notwendigen Veränderungsprozessen werde keine kirchliche Ebene verschont bleiben. Viele Menschen hätten das Gefühl, ihrer kirchlichen Heimat und Wurzeln beraubt zu sein. Sie könnten mit der katholischen Glaubens- und Morallehre nicht mehr übereinstimmen.

„Sie erfahren die Kirche auch nicht als eine Institution, die interessiert wäre an ihrem Leben und Alltag, nicht als eine Institution, die wahrhaftig lernbereit wäre“, sagte die Wissenschaftlerin. Angesichts dramatischer Schrumpfungsprozesse bei den Mitgliederzahlen und der Teilnahme am kirchlichen Leben müsse alles auf den Prüfstand gestellt werden.

Haltung der Toleranz notwendig

Bei der Suche nach Lösungen gelte es Vielfalt und Uneindeutigkeit auszuhalten, fügte sie hinzu. Schritte müssten gewagt werden im Bewusstsein, dass sie auch scheitern oder in die Irre führen könnten. Kirchengemeinden sollten immer mehr zu Orten werden, in denen eine solche Haltung der Toleranz eingeübt werde. Zugleich müsse Ernst gemacht werden mit der Erkenntnis, dass sich in allen Milieus und an allen möglichen Orten Gott entdecken lasse.

Der Bamberger Weihbischof Herwig Gössl unterstützte Nothelle-Wildfeuers Appell für Geschwisterlichkeit in der Kirche. Dabei müsse es nicht immer harmonisch zugehen. „Da kann man schon auch richtig streiten, entscheidend ist, dass man trotzdem beieinander bleibt und füreinander einsteht“, sagte er. Enttäuschungen und Unterschiede auszuhalten, sei anstrengend. Vielfalt könne aber auch als bereichernd erfahren werden.

Kirche sollte Willen zur Gemeinschaft stärken

„Ohne den Willen zur Gemeinschaft gibt es überhaupt keine Zukunft für uns Menschen“, sagte Gössl und verwies auf weltweite Prozesse der Entfremdung, Aufspaltung und Vereinsamung. Die Kirche habe den Auftrag, die Vergemeinschaftung von Menschen zu stärken, nicht nur in den eigenen Reihen. Dabei seien alle im Blick zu behalten, „nicht nur die hundertprozentig Überzeugten oder diejenigen, mit denen man ohnehin auf einer Wellenlinie liegt“.

Gössl leitet derzeit übergangsweise das Erzbistum Bamberg. Erzbischof Ludwig Schick war im vergangenen Herbst auf eigenen Wunsch von Papst Franziskus vorzeitig von seinem Amt entpflichtet worden.

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