SEELSORGE

Wie Singen trauernden Menschen helfen kann

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Jeder Mensch geht unterschiedlich mit Tod und Trauer um. In Münster zeigt ein Angebot, wie heilsam gemeinsames Singen sein kann.

Das Licht ist gedimmt. Kerzen und Teelichter tauchen den Raum in warmen Schein. Der rauchige Duft von glimmendem „Palo Santo“, auf Deutsch heiliges Holz, wabert durch die Luft. Ein Dutzend Menschen haben sich in einem Stuhlkreis versammelt, um gemeinsam zu singen.

Der Verein „Hospizbewegung Münster“ macht Sterbe- und Trauerbegleitung. Koordinatorin Anja Gloddek-Voß bietet seit Frühjahr 2024 das „Heilsame Singen“ für trauernde Menschen und ihre Freunde an. Das Angebot soll sie dabei unterstützen, den Verlust eines nahestehenden Menschen zu verarbeiten. Auch Personen, die ehrenamtlich für den Verein aktiv sind, können daran teilnehmen.

Kurze Lieder, einfache Texte

Der Liedermacher und Musikpädagoge Michael Holz stimmt das erste Lied des Abends an und spielt dazu auf seiner Gitarre. „Ihr könnt einfach so mitsingen, wie es sich gut für euch anfühlt“, lädt er die Anwesenden ein. Die Liedtexte sind kurz. So können alle mitmachen, ohne den Text vor Augen zu haben. Manche schließen die Augen, einige wippen mit den Füßen oder schunkeln sanft hin und her.

Nach dem Lied dürfen alle sagen, wie sie sich gerade fühlen. Viele sind aufgeregt und etwas unsicher. Eine Teilnehmerin sagt, sie sei traurig. Das merkt man ihr im Verlauf des Abends an. Beim Singen der Lieder fließen ihr Tränen über die Wangen.

Singen verändert die Gedanken

Das nächste „Heilsame Singen“ findet am 9. März von 17 bis 19 Uhr in der Sonnenstraße 70 in Münster statt. Interessierte können sich online unter www.hospizbewegung-muenster.de anmelden und weitere Angebote finden.

Die Trauerbegleiterin und der Musikpädagoge sind überzeugt, dass Singen beim Umgang mit Trauer helfen kann. „Manche erstarren in der Trauer. Singen berührt und hilft dabei, wieder an seine Gefühle heranzukommen“, so Gloddek-Voß.

„Ich habe mal gehört: Wenn man singt, kann man keine Angst haben“, sagt Holz. Die Leute ließen sich fallen und könnten schwere Themen in den Hintergrund treten lassen. Durch das tiefe Atmen und Vibrieren des Körpers beim Singen spüre man, dass man lebendig sei. Texte wie „da ist so viel Schönheit in deinen Augen“ könnten nachklingen und die Teilnehmenden aus ihren dunklen Gedanken holen, so Holz.

Die Gemeinschaft zählt

Die Lieder stammen zum Großteil aus dem „Buch der heilsamen Lieder“ des Musiktherapeuten Wolfgang Bossinger und der Musikpädagogin Katharina Neubronner. Holz ist wichtig zu betonen, dass jede und jeder mitsingen kann: „Man braucht keine Vorerfahrung und muss auch nicht gut singen können. Das Gemeinschaftliche zählt.“

In der Abschlussrunde zum Ende des Abends fühlen sich die Teilnehmenden dankbar, miteinander verbunden und zuversichtlich. Besonders bei der Teilnehmerin, die sich zu Anfang als traurig bezeichnet hat, ist eine Veränderung erkennbar. „Dieser Abend hat mir sehr gutgetan, danke schön“, sagt sie und lächelt.

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