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Über den Tod zu sprechen, kann schwer sein – gerade mit Kindern. Die Trauerinsel in Greven will das ändern.
Mitten auf dem Grevener Friedhof liegt ein Sandkasten. Eine grüne Schippe steckt im Boden, ein paar Förmchen und ein Eimer liegen daneben. Ein paar Schritte weiter steht ein Tipi aus Weidenruten. Aus dem kleinen Fenster zeigt ein Teleskop in den Himmel. Direkt daneben: Das Modell einer Urne, eine Platte mit Grablichtern, eine Stele mit der Aufschrift „Kummergrab“. Alles zusammen gehört zum Projekt „Trauerinsel“ der Gemeinde St. Martinus in Greven im Kreis Steinfurt.
„Nur wenige Menschen sind wirklich auf einen Verlust vorbereitet“, sagt Nina Lage, Verbundleiterin der Kitas in der Gemeinde St. Martinus. Besonders schwierig werde es, wenn Kinder Tod und Trauer verarbeiten müssen. „Dann sollen Eltern plötzlich etwas erklären, wofür sie vielleicht selbst keine Worte finden“. Hier setze das Konzept der Trauerinsel an. „Wir wollten einen Ort schaffen, an man gemeinsam mit Kindern über das Thema sprechen kann“.
Wie Kinder mit Verlusten umgehen lernen
Zusammen mit Friedhofsgärtner Henrik Schlott zeigt Nina Lage den Bereich, der geschützt und gleichzeitig sichtbar als Teil des Friedhofs zwischen der Kapelle und den ersten Grabstellen liegt. Umrandet von Beeten und kleinen Bäumen zeigt die Trauerinsel den Kindern an verschiedenen Stationen, wie sie mit Verlusten umgehen können. Auf einer alten Altarplatte können die Kinder zum Beispiel Grabkerzen, kleine bemalte Steine oder andere Erinnerungen an einen Verstorbenen ablegen. Das Tipi lässt den Kindern einen geschützten Raum, um sich zurückzuziehen – etwa wenn eine Trauerfeier sie überfordert. „Gleichzeitig können sie mit dem Teleskop den Himmel beobachten oder das Geschehen auf dem Friedhof“, erklärt Henrik Schlott.
In der Mitte der Trauerinsel steht ein Stele mit der Aufschrift „Kummergrab“. Im Boden davor ist eine kleine Öffnung – gerade groß genug, damit ein Zettel hindurchpasst. Wer möchte, kann seine Sorgen oder Ängste aufschreiben oder aufmalen und hier versenken. „Die Kinder können auch einen Brief an die verstorbene Oma hineinstecken“, sagt Nina Lange. An jeder einzelnen Station beschreiben Hinweisschilder kindgerecht die Ideen, die dahinterstecken. Gleichzeitig geben sie ihren Bezugspersonen Anregungen, sich gemeinsam mit den Aspekten von Tod, Trauer und Verlust zu beschäftigen.
Eine Urne zum Anfassen
Themenwoche „Wenn der Tod nahe kommt“
Keiner spricht gern über ihn, aber vieles um Sterben und Tod herum interessiert dann doch. Darum schaut Kirche+Leben in dieser Woche hinter die Tore eines Krematoriums, fragt nach dem Medienerfolg eines jungen Bestatters, besucht einen Hof, auf dem der Opa seine letzte Ruhe finden durfte, und stellt die Trauerinsel in Greven vor.
„Kinder haben wenig Berührungsängste“, weiß Friedhofsgärtner Schlott aus seinen bisherigen Erfahrungen. „Die haben Fragen, da kommen wir als Erwachsene gar nicht drauf“. Deshalb steht auf der Trauerinsel auch eine Urne, die die Kinder nicht nur anschauen, sondern auch aufmachen können. „Die wenigsten wissen ja, wie so eine Urne von Innen aussieht“.
Auf einem Holzbrett hat Schlott verschiedene Sarggriffe montiert, die die Kinder anfassen können. Auch ein paar Mustergrabsteine stehen zum Erfühlen am Rand. Die Inspirationen zur Trauerinsel hat Henrik Schlott von einer Fortbildung mitgebracht. „Wir haben nach etwas gesucht, um Kindern das Gefühl zu nehmen, dass ein Friedhof etwas Schlimmes ist“, sagt Schlott.
Über den Tod sprechen