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In Polen genießt Papst Johannes Paul II. Umfragen zufolge weiterhin großen Respekt. Zuletzt waren Vorwürfe laut geworden, dass Johannes Paul II. von Kindesmissbrauch in der Kirche gewusst habe. 62,2 Prozent der Befragten sind der Meinung, dass durch die Vorwürfe die Autorität des ehemaligen Papstes nicht untergraben werde.
Auch nach Vorwürfen der Vertuschung von Missbrauch hat eine große Mehrheit der Polen weiter hohen Respekt vor Papst Johannes Paul II. (1978-2005). In einer Umfrage für das Online-Portal „Onet“ meinten 62,2 Prozent, durch die Berichte, dass Johannes Paul II. von Kindesmissbrauch in der Kirche gewusst habe, werde seine Autorität nicht untergraben. 26,7 Prozent seien gegenteiliger Ansicht. Die übrigen Befragten äußerten keine Meinung dazu.
44,9 Prozent sind laut der Umfrage überzeugt, Karol Wojtyla, der spätere Papst Johannes Paul II., habe als Krakauer Erzbischof (1964-1978) genügend Maßnahmen gegen sexuellen Missbrauch durch Geistliche ergriffen. 26,7 Prozent erklärten hingegen, er habe zu wenig gegen solche Verbrechen unternommen. Gut 29 Prozent antworteten „ich weiß nicht“ oder „schwer zu sagen“. Das Institut IBRiS befragte am Freitag und Samstag landesweit 1.100 Personen per Telefon.
Vertuschungsdebatte nach TV-Doku
Die aktuell hitzige Debatte in Polen über das frühere Kirchenoberhaupt wurde durch eine TV-Doku ausgelöst. Darin wird ihm vorgeworfen, er habe als Erzbischof von Krakau vor seiner Papstwahl von Anschuldigungen sexuellen Kindesmissbrauchs gegen drei Geistliche gewusst, sie aber trotzdem weiter in Pfarreien arbeiten lassen.
Der Präsident des staatlichen Instituts des Nationalen Gedenkens (IPN), Karol Nawrocki, nahm unterdessen Johannes Paul II. gegen die Vertuschungsvorwürfe in Schutz. Der spätere Papst sei in Krakau „schnell und konsequent gegen Geistliche vorgegangen, die Sexualdelikte begangen haben“, so Nawrocki unter Berufung auf Akten des einstigen kommunistischen Geheimdienstes. „Er vertuschte solche Fälle nicht.“ Das IPN ist in Polen für die Aufarbeitung der kommunistischen Ära von 1945 bis 1989 zuständig.
Auch Opposition stellt sich vor Johannes Paul II.
Nach Polens nationalkonservativer Regierung stellte sich zuletzt auch Oppositionsführer Donald Tusk vor Johannes Paul II. „Pädophilie in der Kirche kann kein Grund sein, die politische und nationale Bedeutung von Johannes Paul II. infrage zu stellen“, betonte der rechtsliberale Politiker laut Medienberichten am Sonntag bei einer Veranstaltung im schlesischen Zywiec (Saybusch). Die Wiedererlangung von Polens Unabhängigkeit 1989 sei „untrennbar mit Helden wie Lech Walesa und Johannes Paul II. verbunden“. Der Papst aus Polen habe „im Leben unserer Generation“ eine wichtige Rolle gespielt, so Tusk.
Der Chef der Oppositionspartei PO will die Parlamentswahl im Herbst gewinnen und wieder Ministerpräsident werden. Tusk (65) war bereits von 2007 bis 2014 Regierungschef in Polen und anschließend bis 2019 EU-Ratspräsident.