Liane Bednarz über Radikalisierung in der Kirche

Über „Angstprediger" und christliche Rechtspopulisten

Rechte Christen, so stellt Liane Bednarz fest, sind seit Jahren auf dem Vormarsch. In ihrem Buch deckt sie Netzwerke auf und beschreibt deren Feindbilder.

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Selbst Bischof Felix Genn wird mitunter im Netz heftig angegriffen, mit dem absurden Vorwurf, er würde linke Positionen tolerieren oder verbreiten. Kritik von rechts am Bischof von Münster oder weiteren Amtsbrüdern wie Kardinal Reinhard Marx oder dem Osnabrücker Bischof Franz-Josef Bode ist kein Einzelfall, ebenso ein Fremdeln mit dem Kurs von Papst Franziskus bis hin zu Häme und offener Feindseligkeit.

In den sozialen Medien, in den Kommentarspalten des Internets und auf eigenen Blogs sind rechte Christen sehr aktiv: Sie lehnen den angeblichen „Gender-Wahn“ ab, warnen vor einer Islamisierung des Abendlandes und tadeln eine vorgebliche Anpassung an den Zeitgeist. In der rechtspopulistischen Partei AfD finden sie häufig ihre politische Heimat.

 

Über Netzwerke gut organisiert

 

Rechte Christen, Evangelikale ebenso wie Katholiken, seien über verschiedene Netzwerke gut organisiert, stellt die Publizistin und Juristin Liane Bednarz in ihrem Werk „Die Angstprediger“ fest. Sie verstünden es, auch auf Politiker und die Kirchen Druck auszuüben. Der Buchtitel „Die Angstprediger“ klingt reißerisch, doch Bednarz liefert einen seriösen, guten Einblick in das christliche Milieu. Die Aufzählung ist längst nicht vollständig, sie kann es beim begrenzten Umfang des Buches auch nicht sein.

Liane Bednarz.Liane Bednarz. | Foto: pd

Bednarz beschreibt das Denken derer, die sich oft weiter radikalisieren und dazu beitragen, das politische Klima zu verschlechtern. Sie nennt Netzwerke wie das Forum Deutscher Katholiken und zahlreiche Namen führender Vertreter rechter Christen, darunter Journalisten und Publizisten wie Alexander Kissler, Matthias Matussek, Jürgen Liminski oder Gabriele Kuby.

 

Für eine differenzierte Darstellung

 

Sich selbst verortet Bednarz als konservativ-liberal, und sie bezeichnet sich als Abtreibungsgegnerin. An vielen Passagen ihres Werkes ist erkennbar, wie sehr ihr an einer differenzierten Darstellung gelegen ist. So unterscheidet sie zwischen klassisch konservativ und rechts, wobei die Grenze oft unklar sei. Die Trennlinie verläuft für die Autorin dort, wo sachliche Kritik in pauschale Ablehnung übergeht.

Eine Spaltung des vormals recht geschlossenen konservativ-christlichen Milieus in Gemäßigte und Radikale macht Bednarz ab dem Jahr 2013 aus, dem Jahr der AfD-Gründung, dem Beginn des Pontifikats von Papst Franziskus – und der Affäre im Bistum Limburg.

 

Blinde Gefolgschaft für Limburger Bischof

 

Der dortige Bischof Franz-Peter Tebartz-van Elst, schreibt sie, „galt in konservativ-katholischen Kreisen als Bannerträger einer strengen Glaubenspraxis innerhalb des als zu liberal erachteten deutschen Episkopats“. Das habe ausgereicht, um über seine Verfehlungen hinwegzusehen.

Liane Bednarz:
Die Angstprediger - Wie rechte Christen Gesellschaft und Kirchen unterwandern
256 Seiten, 16,99 €, Verlag Droemer, ISBN 978-3-426-27762-1
Dieses Buch kann im Dialogversand bestellt werden. (Versandkosten: 3 Euro, ab einem Warenwert von 30 Euro (inkl. MwSt.) kostenfrei.)

„Die Vehemenz, mit der die Tebartz-Apologeten ihren Helden zum Opfer machten, schlug bisweilen in blinde Gefolgschaft um.“ Die Reaktionen hätten die Bereitschaft gezeigt, den eigenen Leuten sehr viel durchgehen zu lassen, „während man schnell dabei ist, mit dem Finger auf Verfehlungen liberaler Kleriker oder Politiker zu zeigen“.

 

Gegen Ausgrenzung

 

Verbreitet sei die Tendenz, nicht genehme Menschen und Entwicklungen mit abwertenden Begriffen zu überziehen. Untergangsrhetorik und eine Verharmlosung des russischen Präsidenten Wladimir Putin seien im rechten katholischen Milieu ebenso weit verbreitet.

Mit dem informativen Buch leistet Bednarz Aufklärung, auch wenn manches offen bleibt, so die Nähe mancher Protagonisten zum Opus Dei oder die Frage, wer hinter dem Internetportal kath.net steckt. Zuzustimmen ist der Autorin darin, dass sie Ausgrenzung für falsch im Umgang mit rechten Positionen hält. Gefragt sei das Gespräch, bei dem zwischen Person und Haltung getrennt werden müsse. Geduld und Höflichkeit seien gefragt. Richtig.

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