Pfarrfeste, Reisen, Kerzen und Konzerte

Umsatzsteuer für Pfarreien – Hier kassiert der Staat jetzt mit

Durch eine Änderung des Steuerrechts werden nahezu alle Pfarreien umsatzsteuerpflichtig. Viele Pfarreien nutzen bereits eine Übergangsfrist bis 31. Dezember 2020, in der noch das alte Recht gilt.

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Durch eine Änderung des Steuerrechts werden nahezu alle Pfarreien umsatzsteuerpflichtig. Viele Pfarreien nutzen bereits eine Übergangsfrist bis 31. Dezember 2020, in der noch das alte Recht gilt.

In diesen Tagen und Wochen erhalten Kirchenvorstände und Mitarbeiter der Zentralrendanturen in Veranstaltungen des Bistums Münster genauere Informationen darüber, was der Systemwechsel bei der Umsatzbesteuerung in der Pfarrei bedeutet. Konkret geht es um einen Paragraphen im Umsatzsteuer­gesetz, der erhebliche Auswirkungen auf die kirchlichen Körperschaften haben wird, kurz: § 2b UStG.

 

Steuer-Neuregelung für Pfarreien gilt spätestens ab 2021

 

Mit der 2015 erfolgten Änderung des Steuerrechts muss sich künftig jede Pfarrei mit Umsatzsteuerfragen beschäftigen. Bislang waren Kirchengemeinden als Körperschaften des öffentlichen Rechts bis zu einem Jahresumsatz von 35.000 Euro von der Umsatzsteuerpflicht befreit.

Diese Umkehrung der Systematik führt zu einer deutlichen Ausweitung steuerbarer Umsätze. Durch die Anknüpfung an den Begriff des Betriebes  gewerblicher Art aus dem Körperschaftsteuerrecht wurden Umsatzgrößen unter 35.000 Euro bislang in aller Regel als nicht steuerbar behandelt. Diese Möglichkeit besteht 2021 nicht mehr.

 

Alle Pfarreien nutzen Übergangsregelung

 

„Dem Gesetzgeber war bewusst, dass diese Systemumstellung erheblichen Aufwand für die betroffenen Körperschaften mit sich bringen würde und hat daher mit dem Steueränderungsgesetz 2015, auch auf Anregung der Kirchen,  eine lange Übergangszeit ermöglicht“, erläutert Ulrich Hörsting, Leiter der Hauptabteilung Verwaltung im Bischöflichen Generalvikariat Münster.

Städte und Gemeinden, aber auch alle kirchlichen Rechtsträger, konnten so genannte Optionserklärungen abgeben, was zur Folge hat, dass für sie das bisherige Recht bis zum 31. Dezember 2020 gilt. Im Bistum Münster haben sämtliche Pfarreien die Übergangsregelung in Anspruch genommen.

 

Hörsting: Umsatzsteuer-Beträge werden überschaubar sein

 

Die Anwendung des neuen Rechts auf einige Pilotpfarreien hat ergeben, dass im Bistum Münster der Großteil der Pfarreien der Umsatzsteuer unterliegen wird, weil sie aufgrund der Vielzahl der Aktivitäten die Umsatzgrenze von 17.500 Euro, unterhalb derer keine Umsatzsteuer erhoben wird, überschreiten, sagt Hörsting.

Die Belastung mit der Umsatzsteuer sei in der Regel betragsmäßig überschaubar, „zumal im Gegenzug häufig die so genannte Vorsteuer gezogen werden kann“.

 

Steuer gilt auch für Messdiener-, Chor- und KFD-Kassen

 

Ulrich Hörsting, Leiter der Hauptabteilung Verwaltung im Bischöflichen Generalvikariat Münster. | Foto: pbm
Ulrich Hörsting, Leiter der Hauptabteilung Verwaltung im Bischöflichen Generalvikariat Münster. | Foto: pbm

Problematisch seien in Zukunft aber die deutlich erhöhten Aufzeichnungspflichten. Dabei sei gerade für die Pfarreien zu berücksichtigen, dass eine große Zahl von Aktivitäten auf viele Ehrenamtliche verteilt ist. Auch die Kassen kirchlicher Gruppen wie Kirchenchor, Frauengemeinschaft und Messdiener führten zumeist Ehrenamtliche.

„Da es sich aber um Aktivitäten handelt, die der Pfarrei zuzuordnen sind, müssen sie alle in der Umsatzsteuererklärung der Pfarrei zusammengeführt und mit einer Vollständigkeitserklärung versehen werden“, sagt der Finanzchef des Bistums.

 

Bistum stellt Arbeitshilfen und bietet Forbildungen an

 

Die Finanzabteilung des Generalvikariats hat vor Kurzem eine umfangreiche Handreichung erstellt, wie der Systemwechsel bei der Umsatzbesteuerung zu gestalten ist. „Wir haben den Pfarreien Finanzmittel für diesen Zweck zugewiesen und Fortbildungen für die Zentralrendanturen, die für die Pfarreien tätig werden, angeboten“, sagt Hörsting.

Wie kompliziert die Umstellung ist, verdeutlicht Rita Niermann vom Referat Steuern in der Finanzabteilung des Bistums mit Beispielen: Die Abgabe von Osterkerzen, Votiv-Kerzen, Weihnachtskerzen, Friedenslichtern und Ähnlichem stellt keine dem eigentlichen Kirchenzweck dienende oder typische Aufgabe im Zusammenhang mit dem Verkündigungsauftrag dar.

 

Vor der Steuer sind nicht alle Kerzen gleich

 

„Es handelt sich beim Verkauf und bei den Einnahmen grundsätzlich um eine steuerpflichtige Tätigkeit, da die Leistungserbringung auf privatrechtlicher Grundlage erfolgt“, erklärt Niermann. Sofern die Kerzen ohne Entgelt abgegeben werden, entfalle die Steuerpflicht.

Gleiches gelte für Spenden. Hingegen ist die Bereitstellung von Opferkerzen oder Opferlichtern als Zeichen des Gebetes in katholischen Kirchen – gegen ein geringes Entgelt der Gläubigen – zur Entzündung auf einem eigens dafür vorgesehenen Kerzenständer oder -leuchter kein Umsatzsteuertatbestand. „Ein solcher Vorgang unterliegt dem kirchlichen Verkündigungsauftrag. Diese Einnahmen sind nicht steuerbar. Es wird keine Umsatzsteuer erhoben“, sagt die Steuerexpertin.

 

Steuern bei Pfarrfesten und Gemeindereisen

 

Veranstaltet die Pfarrei ein Fest, so sind alle Einnahmen steuerpflichtig. Das gilt vor allem für Einnahmen aus Eintrittsgeldern oder dem Verkauf von Speisen und Getränken. Die Steuerpflicht gilt unabhängig davon, ob die Einnahmen für wohltätige Zwecke verwendet werden. Die Einnahmen sind in voller Höhe zu erfassen; eine Saldierung mit den Ausgaben des Festes widerspricht den umsatzsteuerlichen Vorgaben.

Auch bei Reisen müssen Pfarreien einiges beachten. „Grundsätzlich sind aus steuer- und haftungsrechtlichen Gründen für die Durchführung und Abwicklung von Reiseleistungen externe gewerbliche Anbieter zu bevorzugen“, sagt Niermann. Bei der Vorbereitung einer Reise empfiehlt es sich, einen Steuerexperten zu Rate zu ziehen.

 

Spenden bei Konzerten müssen versteuert werden

 

Auch bei Konzerten ist Vorsicht geboten: „Eintrittsspenden“ werden in der Regel als nicht freiwillige Gegenleistung gewertet. Die Erbringung der Leistung – hier das Konzert – steht damit in einem unmittelbaren Zusammenhang mit der Gegenleistung – der Spende.

Die Gegenleistung unterliegt in diesem Fall der Umsatzsteuer. Es kann jedoch unter bestimmten Voraussetzungen eine Befreiung in Betracht kommen. Dafür ist eine Bescheinigung durch die Landesbehörde notwendig.

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