Themenwoche „Familien- und Lebensformen“ (5) - eine Frau und ein Mann im Wartestand

Ungewollt kinderlos nach Schicksalsschlag – trotzdem möchten sie ein Kind

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Vater, Mutter und zwei, drei Kinder: So sieht wohl die Idealfamilie aus offizieller katholischer Sicht aus. Die gesellschaftliche und längst auch die katholische Wirklichkeit ist weitaus bunter. In unserer Themenwoche „Familien- und Lebensformen“ stellen wir jeden Tag Menschen in ganz unterschiedlichen Konstellationen vor, ihren Alltag, ihren Glauben, ihre Freuden und Sorgen. Diesmal die Löschingers aus Oldenburg.

Plötzlich und unerwartet. So kommen Schicksalsschläge. Auch bei Chris­tine Löschinger aus Oldenburg war das so. Die Projektmanagerin und ihr Mann Florian hatten sich nach zwei Jahrzehnten Partnerschaft ein Kind gewünscht. „Und dann kam der Schicksalsschlag“. Genau diesen Ausdruck benutzt Christine Löschinger.

Denn sie wurde plötzlich schwer krank, musste handeln. Die richtige Therapie für sich finden, Ärzte suchen, deren Rat bewerten. Viele Tränen seien da geflossen, das lässt sie durchblicken.

Der Traum war vorbei

Denn die Operation, die ihr Rettung versprach, hatte eine einschneidende Folge. Ein eigenes Kind würde sie nie mehr haben. Der Traum war vorbei, im Oktober 2019.

Sie selbst sagt heute: „Es kommt darauf an, mit einer Krankheit seinen Frieden zu finden. Und ich habe ihn gefunden.“ Sie sagt das heute ruhig und gelassen.

Wie kann das Leben weitergehen?

Kinderlos können Paare auch als Abstempelung empfinden. Die Löschingers in Oldenburg nicht. | Foto: Steinach (Imago)
Kinderlosigkeit können Paare auch als Abstempelung empfinden - die Löschingers in Oldenburg nicht. | Foto: Steinach (Imago)

Ihr Mann Florian bestätigt: „Sie ist eher die Abgeklärte, ich mehr der Unruhige, der sich viele Sorgen macht, wie es weitergeht.“ Zunächst einmal stand die Frage im Raum, wie Chris­tine Löschinger überhaupt wieder gesund wird. Dann die Frage, wie das Leben jetzt weitergehen kann. Viele Fragen an die Zukunft für den damals 39-jährigen Architekten.

Fragen, auf die sie beide Antworten fanden in einem „Netzwerk von Freunden und Verwandten“, wie es Chris­tine Löschinger ausdrückt. Das sie „in jeder Lage“ unterstützt habe, bei der Krankheit selbst wie bei der großen Frage, wie es mit Partnerschaft und Kinderwunsch weitergehen solle.

Großfamilien gewohnt

„Wir möchten gerne Kinder, das war uns und allen immer klar“, betont sie. Nur seien eben zunächst andere Phasen in Leben und Beziehung vorrangig gewesen. Christine Löschinger kennt große Familien aus ihrer Verwandtschaft, etwa eine Oma mit 13 Urenkeln. Verwandtschaftstreffen in großen Sälen ist sie gewohnt.

Für sie und ihren Mann waren Kinder also immer ein Thema. „Nur eben nicht sofort. Aber als der Kinderwunsch dran war, konnte er nicht dran sein.“ Weil praktisch zugleich die Krankheit kam.

Kinderwunsch besteht weiter

Vielleicht hätten andere resigniert. „Wir suchen aber nach Lösungen, wenn Herausforderungen kommen“, sagt Christine Löschinger. Den Kinderwunsch wollten beide weiter verwirklichen.

Dabei half ihnen ihr Umfeld, dem sie immer „sehr offen“ alle Fragen und Probleme berichtet hätten. Dort kennen sie auch Paare mit adoptiertem Kind, von dort kam auch der Tipp, sich doch an den Sozialdienst katholischer Frauen (SkF) in Vechta zu wenden. Denn der bietet einen Adoptions- und Pflegekinderdienst an.

Warten mit 27 anderen Paaren

Das Paar aus Oldenburg kam dort in eine neue Welt, begegnete anderen Paaren mit ähnlichen Fragen und lernte in der Beratung viel über rechtliche und pädagogische Fragen. Den verpflichtenden Hausbesuch durch den SkF haben sie schon hinter sich, sind nun in der offiziellen Wartephase, zusammen mit 27 anderen Paaren.

Christine und Florian Löschinger stellen sich der neuen Herausforderung. Zuletzt auch mit einem besonderen Schritt. Seit der Schulzeit waren sie ein Paar. Als Folge des großen Schicksalsschlags und vieler neuer Fragen haben sie nun eine weitere wichtige Entscheidung getroffen: Im vorigen Jahr haben sie geheiratet.

Ungewollt kinderlos und Adoption
Nach Angaben des Bundesfamilienministeriums waren 2020 in Deutschland wahrscheinlich 32 Prozent der Männer und Frauen zwischen 20 und 50 Jahren ungewollt kinderlos. Der Sozialdienst katholischer Frauen (SkF) in Vechta bietet im oldenburgischen Teil des Bistums als einziger kirchlicher Träger einen Adoptions- und Pflegekinderdienst an. Nach dem jüngsten Jahresbericht von 2020 bewerben sich zurzeit 28 Paare um ein Kind. Der SKF vermittelte in diesem Jahr einen Säugling in Adoptionspflege, zwei Kinder wurden als vorherige Pflegekinder adoptiert. Elf Kinder wurden in Vollzeitpflege vermittelt. (fjs)

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