„Campus der Theologien“ für Christen und Muslime geplant

Uni Münster: Ein Standort für drei theologische Fakultäten

In Münster ziehen die Fakultäten für Katholische, Evangelische und Islamische Theologie auf ein gemeinsames Gelände. Das soll unter anderem den Dialog stärken. Einen Profilverlust erwarten die Beteiligten nicht – eher das Gegenteil.

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Er soll zwar frühestens 2022 fertig sein – aber mit dem geplanten „Campus der Theologien“ entsteht an der Universität Münster etwas nach Wissen der Beteiligten weltweit Einmaliges: An der Hüfferstraße ziehen die Katholisch-Theologische, die Evangelisch-Theologische und die im Aufbau befindliche Islamisch-Theologische Fakultät auf ein gemeinsames Gelände. Auch der Lehrstuhl für Orthodoxe Theologie ist beteiligt.

„Die Idee entstand in den Fakultäten selbst“, sagt Matthias Schwarte, als Kanzler unter anderem mit Planung und Finanzen der Universität betraut. Keimzelle des Vorhabens war die Anregung der christlichen Fakultäten für eine gemeinsame Bibliothek. Das Projekt Campus löst nun auch Raumprobleme – für alle Fakultäten.

 

Standort für Theologie weiter stärken

 

Matthias Schwarte.
Matthias Schwarte, Kanzler der Universität Münster, mit ersten vorläufigen Plänen des Geländes des neuen Campus. | Foto: Jens Joest

Die Katholisch-Theologische Fakultät sei „seit vielen Jahren auf drei, vier Standorte verteilt“, erklärt die Dekanin, Professorin Judith Könemann. Allein zwischen den beiden Hauptstandorten an der Johannisstraße und der Hüfferstraße müssen Studenten und Professoren immer wieder pendeln.

„Münster ist mit Blick auf die staatlichen Universitäten in Deutschland und Europa einer der wichtigsten Standorte für Theologie“, betont Uni-Kanzler Schwarte. Auch das Zentrum für Islamische Theologie (ZIT), das in den kommenden Jahren zu einer Fakultät ausgebaut werden soll, trage dazu bei.

 

Nahe der Innenstadt an der Hüfferstraße

 

Als „Glücksfall“ bezeichnet Schwarte die Möglichkeit, den Campus an der Hüfferstraße planen zu können. Nicht nur, weil das Gelände nahe der Innenstadt liegt, sondern auch, weil es Ausbaupotenzial hat: Für die Hüfferstiftung und umliegende Gebäude waren ohnehin größere Veränderungen geplant, weil Universität und Fachhochschule dort mehrere Gebäude unterhalten, die mindestens saniert, zum Teil sogar abgerissen werden sollen.

Zentrum des neuen Campus bleibt das historische Gebäude der Hüfferstiftung. Auch wenn es schon erste Pläne gibt – zeigen möchte Schwarte sie nicht: „Die Ausschreibungen durch den Bau- und Liegenschaftsbetrieb des Landes beginnen erst, das gilt auch für den Architektenwettbewerb. Wir haben demnach bislang nur grobe Skizzen, die sich sicher noch verändern werden.“

 

Chance für interreligiösen Dialog

 

50 Millionen Euro Kosten sind veranschlagt. Die Uni ist „dankbar“, so Schwarte, dass die Pläne auch das Land überzeugt haben – es zahlt einen Millionenzuschuss.

Der Campus in Zahlen
Für den Bau des „Campus der Theologien“ sind gut 50 Millionen Euro kalkuliert. Die Universität Münster bringt knapp die Hälfte aus Eigenmitteln auf, 30 Prozent kommen als zusätzliches Geld vom Land Nordrhein-Westfalen. Zudem rechnet die Uni mit Einsparungen, weil für verschiedene Gebäude, in denen die Theologen heute untergebracht sind, weniger oder keine Miete und andere Kosten mehr anfallen. Die drei am Campus beteiligten Fakultäten haben nach heutigem Stand 4000 Studierende und etwa 450 Mitarbeiter. Geplant sind 9000 Quadratmeter Neubaufläche für Büros, Hörsäle und eine Bibliothek. Dort werden voraussichtlich 560 000 Bände eingestellt, das entspricht etwa einem Fünftel des Bestands der großen Uni-Bibliothek

Die Fakultäten sehen im neuen gemeinsamen Ort inhaltliche Chancen: Der interreligiöse Dialog werde gestärkt, die Kooperation und das Gespräch mit Lehrenden und Studierenden anderer Fakultäten werde einfacher, heißt es einmütig.

Dekanin Könemann von der katholischen Fakultät betont, die Theologien würden sichtbarer werden. Auch würden sie das Signal in die Öffentlichkeit senden, „dass bei aller Vielfalt der Religionen eine Zusammenarbeit möglich ist“.

 

Keine Kürzungspläne

 

Dass Grenzen zwischen den Fächern verwischen, denkt die Theologin nicht: „Wir werden uns der Unterschiede bewusst werden, weil wir noch stärker damit konfrontiert sind.“ Gerade im Dialog müsse jedes Fach sich seiner eigenen Standpunkte vergewissern.

Natürlich spart der Campus der Uni auch Geld. „Für die gemeinsame Bibliothek werden sicher weniger Bände doppelt angeschafft“, sagt Professor Hermut Löhr, bis 2016 Dekan der Evangelisch-Theologischen Fakultät. Auch sei mittelfristig eine Zusammenarbeit in der Verwaltung denkbar. Das sei aber ein „nachgeordneter Punkt“. Alle Beteiligten weisen den Verdacht zurück, es solle gespart werden – etwa bei Lehrstühlen und Lehrangebot.

 

Signal an die Muslime

 

Größter Profiteur des Umzugs ist wohl die Islamische Theologie, die in den kommenden Jahren zur Fakultät ausgebaut wird. Professor Mouhanad Khorchide findet es „ein großes Privileg für die Islamische Theologie in Münster, sich nicht isoliert zu etablieren, sondern im Austausch mit zwei so großen christlichen Fakultäten“.

Im interreligiösen Campus sieht Khorchide auch ein Signal in die islamische Gemeinschaft. Deutlich werde, „dass die Muslime in diesem Land und in Europa nicht isoliert leben und auch nicht isoliert leben sollten“, sagt der Professor. Der Campus sei ein Spiegel der pluralen Gesellschaft, „der zeigen kann, wie das Zusammenleben funktioniert“.

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