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Als Muslim flog er aus Neugierde in den Wallfahrtsort Santiago de Compostela – und entschloss sich dort, den Jakobs-Pilgerweg andersherum zu gehen. Mouhanad Khorchide machte dabei überraschende Erfahrungen.
Der islamische Theologe Mouhanad Khorchide (52) von der Universität Münster berichtet über irritierende Erfahrungen als Pilger auf dem christlichen Jakobsweg. „Denn viele, mit denen ich gesprochen habe, waren gar keine Christen“, sagte er dem Portal domradio.de. „Irgendwann habe ich verstanden, dass es für die Mehrheit ein Pilgern nach innen ist, also ein Weg, das eigene Leben zu reflektieren und sich eine Auszeit aus unterschiedlichsten Erfahrungen zu nehmen.“
Die Motive, den Weg ins spanische Santiago de Compostela zu gehen, seien überwiegend weltlich, als dass sie mit Gott oder mit Religion zu tun hätten, sagte Khorchide. „Das hat mich wirklich irritiert.“ Ihm habe sich die Frage gestellt: „Wieso pilgern Menschen, wenn nicht aus religiösen Gründen?“
Khorchide geht 100 Kilometer als Pilger
Khorchide flog zu Pfingsten im vergangenen Jahr „aus Neugierde“ und unvorbereitet nach Santiago. „Ich wollte nur wissen, was Christen so machen.“ Er habe Rituale um das Grab des Heiligen Jakobus erwartet, so wie man in Mekka siebenmal um die Kaaba gehe. „Erst in Santiago habe ich verstanden, dass das eigentliche Pilgern aus dem Pilgerweg besteht“, so der Theologe. „Man hat mir gesagt, man müsse mindestens 100 Kilometer zu Fuß gegangen sein, um als Pilger zu gelten.“ Daraufhin habe er beschlossen, den umgekehrten Weg für 100 Kilometer zu gehen.
Viele, die ihm entgegengekommen seien, hätten große Augen gemacht und „Wrong Way!“ (falscher Weg) gerufen, so Khorchide. Weil ihm keiner seine Geschichte abgekauft habe, habe er schließlich gesagt, dass er seine Pilgerreise schon hinter sich habe und auf dem Rückweg sei. „So ein frommer junger Mensch“, hätte einige gedacht.
Neues Buch von Khorchide