Themenwoche „Kirche am Strand“ (4) - rund um den Strandkorb auf der Insel

Urlauberseelsorge Wangerooge - kreative Angebote und Krisengespräche

Anzeige

Die Kirchenkrise bläst auch der Urlauberseelsorge auf Wangerooge ins Gesicht. Ehrenamtliche Helfer müssen sich ab und zu kritische Fragen anhören. Zum Beispiel: „Wie kann man sich denn heutzutage überhaupt noch dafür engagieren?“ Aber Inselpfarrer Egbert Schlotmann sieht auch Hoffnungszeichen.

Eine Begegnung am Strandkorb. Oben drüber flattert das Banner der Urlauberseelsorge stramm im Wind. Der Ort dient als Treffpunkt, zum Beispiel für Kinderspiel-Aktionen oder Spaziergänge im Watt. Und manchmal lassen Urlauber hier jetzt auch ihren Frust ab: „Ach, Sie sind von der Kirche? Na – damit wollen wir erst mal nichts zu tun haben.“

Solche Reaktionen hören auch die ehrenamtlichen Helferinnen und Helfer schon mal. Egbert Schlotmann erinnert sich an eine Situation im vergangenen Jahr: „Sie wurden gefragt: Wie könnt Ihr denn heutzutage überhaupt noch hier für die Kirche stehen und euch engagieren?“

Kirche hat derzeit schlechten Ruf

Den Inselpfarrer wundert das nicht. „Die Kirche hat im Moment einen ziemlich schlechten Ruf“, sagt er. Und dieser Ruf mache keinen Bogen um die Insel. Das betreffe „normale“ Urlauberfamilien ebenso wie Menschen, die zu Exerzitien zu ihm kommen. Als Geistlicher Begleiter hat Schlotmann regelmäßig Haupt- und Ehrenamtliche aus Gemeinden zu Gast.

„Auch die berichten immer wieder davon, wie enttäuscht und frustriert sie sind. Manche auch, dass sie darüber nachdenken, ob sie überhaupt noch in der Kirche bleiben können und wollen.“ Und oft genug fielen dabei auch Begriffe wie „Missbrauch“ oder „Woelki“.

Kritische Themen werden nicht ausgeblendet

Aber die Kirchenkrise ist auch bei den Jugendlichen und Erwachsenen angekommen, die schon seit Jahrzehnten rund um die katholische Inselkirche in den Ferien für Gäste ein buntes Programm, auch mit Gottesdiensten und spirituellen Angeboten organisieren. Die sich mühen, Gästen eine gute Erfahrung mit Glauben und Kirche zu vermitteln – kritische Anfragen dabei aber nicht auszublenden. Zum Angebot zählen deshalb in diesem Jahr auch Gesprächsabende über die Kirchenkrise. „Als Ort, an dem Menschen Erfahrungen und Gedanken einfach mal loswerden können“, erklärt Egbert Schlotmann.

Die Nachfrage nach den Angeboten habe aber trotz aller Kritik an der Kirche nicht nachgelassen, sagt der Inselpfarrer, im Gegenteil. Das spürten die Teams nicht nur, wenn sie mit einem Bollerwagen voller Spiele Familien zur Strandolympiade einladen, sondern zum Beispiel auch in den Gottesdiensten oder beim Kirchencafé am Sonntag oder in der Woche. Egbert Schlotmann: „Dahin kommen immer wieder Menschen, die sich Zeit nehmen, im Urlaub Kirche anders zu erleben und mit anderen darüber ins Gespräch zu kommen.“

Krise dominiert die Arbeit aber nicht

„Dem Leben Orientierung – der Sehnsucht Raum geben“ steht als ein Motto über der Urlauberseelsorge auf Wangerooge. Hat denn die Sehnsucht der Menschen noch etwas mit Kirche zu tun? „Was Kirche vermitteln will, ist immer noch etwas, nach dem die Menschen eine Sehnsucht haben“, sagt Egbert Schlotmann, „ein Ort, an dem sie ganz sie selbst sein können oder eine Beziehung zu Gott und anderen zu finden.“

Die Krise dominiere die Arbeit auch nicht, sagt der Inselpfarrer. Er führe zwar immer wieder intensive Gespräche mit Menschen, die überlegen, die Kirche zu verlassen. „Die Allermeisten kommen aber nicht mit der Frage nach einem Austritt“, sagt Schlotmann. „Sie kommen, um in ihrem Urlaub Kraft zu tanken, auch seelisch, von der sie dann eine Zeitlang leben können.“ Menschen, die unterscheiden: „Das eine ist die Institution Kirche und der schreckliche Missbrauch, aber es gibt noch das andere: den Glauben, der ihnen wichtig ist.“

Die Weite macht Gespräche einfacher

Gastfreundschaft ist das Oberthema und einer der Schlüssel zum Erfolg. „Jeder soll sich bei uns eingeladen fühlen. Alle sind willkommen und dafür bieten wir ein breites Spektrum an“, sagt Egbert Schlotmann. Von Lach-Yoga am Morgen, Aktionen für Familien, bis zu Impulsen am Abend oder neuerdings spirituellen Wattführungen. Für die hat Egbert Schlotmann gerade erst die staatliche Prüfung zum Wattführer absolviert.

Vielleicht sei es gerade die Weite, der Blick auf das Meer, die lebendige Natur, die Menschen helfen könne, einen anderen Blick auf sich und die eigenen Themen zu entwickeln, sagt der Inselpfarrer. „Das macht vielleicht auch schwierige Gespräche einfacher.“

Video: Das macht die Urlauberseelsorge auf Wangerooge aus

Anzeige