Ist der Angeklagte Auftraggeber des Raubes oder nicht?

Urteil im Stiftskreuz-Prozess am Freitag – Ausgang offen

Am Freitag soll das Urteil im Prozess gegen den mutmaßlichen Auftraggeber des Raubes des Borghorster Stiftskreuzes gesprochen werden. Ob der Mann als Auftraggeber verurteilt wird und in Haft muss, scheint völlig offen.

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Am Freitag soll am Landgericht Münster das Urteil im Prozess gegen den mutmaßlichen Auftraggeber des Raubes des Borghorster Stiftskreuzes gesprochen werden. Der Angeklagte, ein 42-jähriger Türke aus Bremen, war im September 2016 festgenommen worden. Ihm wird „mittäterschaftliche Beteiligung“ zur Last gelegt.

Er soll die Tat mit den drei im Oktober 2015 wegen des Diebstahls zu Freiheitsstrafen von viereinhalb und fünf Jahren verurteilten libanesisch-arabischen Männern verabredet und das Kreuz gegen Bezahlung von ihnen erhalten haben. Er war wegen der Vermittlung der Rückgabe des Stiftskreuzes im Februar aus der Untersuchungshaft entlassen worden. Die Staatsanwaltschaft fordert eine Haftstrafe von drei Jahren. Die Verteidigung plädiert auf Freispruch.

 

Konfuses Bild

 

Das Gericht ist um die Aufgabe, ein Urteil zu sprechen, nicht zu beneiden. Aus Aussagen des Angeklagten und der Zeugen ergibt sich ein konfuses Bild. Hinzu kommt die filmreife Übergabe des von der Versicherung gezahlten Lösegeldes von 100.000 Euro an einen mutmaßlichen Mittelsmann – ausgerechnet durch den Anwalt des Angeklagten.

In der Beurteilung des Falls liegen Verteidigung und Staatsanwaltschaft meilenweit auseinander. Die Staatsanwaltschaft sieht eine Mittäterschaft am Diebstahl in einem besonders schweren Fall. Für die Verteidigung ist der Vorwurf nicht bewiesen, dass der Angeklagte Auftraggeber gewesen sei. Allenfalls sei ihr Mann wegen Begünstigung zu einer Geldstrafe zu verurteilen. Begünstigter ist der unbekannte Lösegeld-Empfänger.

 

Widersprüchliche Versionen

 

Beschuldigt wurde der 42-Jährige durch zwei der drei verurteilten Diebe. Als Zeugen sagten sie aus, der Angeklagte habe sie beauftragt, das Kreuz aus der St.-Nikomedes-Kirche in Steinfurt-Borghorst zu stehlen. Allerdings widersprachen sich beide anscheinend in Details, sodass die Verteidigung ihre Glaubwürdigkeit infrage stellen konnte.

Ganz anders klingt die Version des Angeklagten. Er verwies von Prozessbeginn an darauf, erst durch einen an der Tat beteiligten Neffen vom Diebstahl erfahren zu haben. Alle Kenntnisse hätten auf „Hörensagen“ beruht.

 

Das Gericht ist am Zug

 

In Bremen habe es viele gegeben, die darüber Bescheid wussten. Keinesfalls sei er der Auftraggeber. Vielmehr habe er den Ankauf des Diebesguts für 150.000 Euro vermittelt und selbst dazu rund ein Drittel der Summe beigetragen. Geld, das er eigentlich für einen Hauskauf habe verwenden wollen.

Zwischen diesen Extremen Recht zu sprechen, ist nun Sache des Gerichts. Das war dem Angeklagten schon im Februar entgegengekommen, als es ihn aus der Untersuchungshaft entließ. Auch hatte die Kammer dem Angeklagten und der Staatsanwaltschaft mitgeteilt, eine unbeschädigte und unentgeltliche Rückführung könne sich auf das Strafmaß auswirken.

 

Bistum hielt sich aus dem Prozess heraus

 

Nun sind dennoch zumindest 100.000 Euro geflossen. Der Empfänger ist wohl nur dem Angeklagten und dessen Verteidiger bekannt, der ihm das Geld in einem Nebenraum seiner Anwaltskanzlei in Bremen überreicht hat.

Die Verantwortlichen im Bistum Münster halten sich aus dem Prozess heraus. Für sie ist nur die Rückgabe des Stiftskreuzes wichtig. Es war am 17. Februar unbeschädigt der Öffentlichkeit präsentiert worden. Von den durch die Versicherung gezahlten 100.000 Euro habe die Kirche keine Kenntnis gehabt, betonte ein Bistumssprecher. Auch die 50.000 Euro Belohnung, die die Diözese ausgelobt hatte, seien nie gezahlt worden.

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