Am Ende die Frage: Wenn es Gott gibt...

„Valerie und der Priester“ als Buch erschienen

Ein Jahr hat die Journalistin Valerie Schönian den Kaplan Franziskus von Boeselager im Seelsorgealltag begleitet. Erst entstand ein Blog aus dem Projekt der katholischen Kirche. Jetzt hat sie ein Buch darüber geschrieben.

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Ein Jahr lang hatte die junge Berliner Journalistin Valerie Schönian den Münsteraner Kaplan Franziskus von Boeselager bei seiner Arbeit in der Gemeinde begleitet. Ihre gemeinsamen Erlebnisse und Gespräche veröffentlichte sie in dem vielbeachteten Internet-Blog „valerieundderpriester.de“. Jetzt hat sie ein Buch über das Projekt geschrieben, das zwar nicht ihre Idee war, für das sie aber den Verantwortlichen als am besten geeignet erschien: „Halleluja - Wie ich versuchte, die katholische Kirche zu verstehen“ ist gerade auf den Markt gekommen.

Im Mai 2016 reist die junge Frau erstmals nach Münster-Roxel, um sich mit dem Mann zu treffen, der für die kommenden zwölf Monate - obwohl katholischer Priester - einer der wichtigsten Männer in ihrem Leben werden soll. Fast jede zweite Woche wird sie mit ihm verbringen, mehr als 180 Tage lang ihn begleiten bei Taufen, Beerdigungen, Seelsorgegesprächen, Gemeindesitzungen und Gottesdiensten. Valerie ist zu dem Zeitpunkt 26 Jahre alt. Sie ist konfirmiert, aber nur, weil ihre Eltern das „für eine gute Idee hielten“. Kirche, zumal die katholische, ist ihr fremd. Gesucht wurde „eine linke und feministische Journalistin“, wie sie erzählt.

 

„Es war auf allen Ebenen irre“

 

Kaplan von Boeselager ist ebenfalls per Votum zu seiner Rolle gekommen. Die Deutsche Bischofskonferenz hat den 39-Jährigen ausgesucht. Er schwankt zunächst, denkt nach und betet ein paar Tage, wie er erzählt, und willigt dann ein. Am Ende wird Münsters Bischof Felix von einem „wertvollen Beitrag zur Stärkung und Wahrnehmung des Priesterbildes“ in der Gesellschaft und von einem vollen Erfolg sprechen. Mehr als fünf Millionen Medienkontakte im Blog und via Facebook werden in dem Jahr zusammenkommen.

Cover: Halleluja. Wie ich versuchte, die katholische Kirche zu verstehen.
Valerie Schönian: Halleluja. Wie ich versuchte, die katholische Kirche zu verstehen. Piper Verlag, München 2018, 368 Seiten, 16,00 Euro, ISBN 978-3-492-06099-8

Valerie erzählt zum einen, wie fremd ihr die Rituale sind, wie wenig ihre Wertewelt mit der der Kirche übereinstimmt. Es sei für sie schwer gewesen, Menschen Dinge tun zu sehen, die sie selbst rational nicht nachvollziehen könne, sagt die Journalistin. Und sie beschreibt wie sie und der Kaplan reden - über „Gott und die Welt“, natürlich über den Zölibat, über Liebe, darüber, wie sich die katholische Kirche gegenüber Homosexuellen verhält. „Es war auf allen Ebenen irre. Ich bekam meine zwei Realitäten einfach nicht in meinen Kopf hinein und kam überhaupt nicht mit. Es war immer aufregend, immer schön, aber auch immer ein bisschen zu viel.“

 

Das Frauenpriestertum bleibt ein unverarbeitetes Thema

 

Dann merkt sie, wie ihre anfänglich streng durchgehaltene Distanz sich verabschiedet. Und sie merkt, wie sie mehr und mehr auch die andere Seite versteht. Etwa die Gründe, warum Franziskus Priester geworden ist. Verstanden hat sie auch, was die seelsorgliche Arbeit eines Priesters ausmacht. Ihre Beschreibung vom Besuch am Totenbett einer 91-Jährigen gehört zu den beeindruckendsten Passagen.

Valerie und der Kaplan reisen zusammen nach Rom und zum Weltjugendtag nach Polen. Er besucht sie in Berlin, sie begleitet ihn auf Familienbesuch. Doch auch wenn der Kaplan und die Journalistin sich näher kommen: Die Distanz vor allem in religiösen Fragen bleibt. Sie legt die Themen der Gespräche fest, er antwortet aus dem Glauben heraus. Sie schaut in kirchenferner Sicht auf die Antwort und stellt die nächste Frage. Das Frauenpriestertum bleibt ein unverarbeitetes Thema. In manchem ist Franziskus für Valerie noch konservativer als manch anderer Priester in der Kirche. Etwa wenn er das Weiheamt historisch als alleinig Männer gebunden sieht.

 

Für Kirchenferne und Krichennahe

 

Am Ende des Buches aber verzeichnet Valerie, was das Jahr mit ihr gemacht hat. Die Kapitel „Wenn es Gott gibt“, „Mein Gott“ oder „Was glaube ich?“ zeigen die Reflexion der jungen Frau, ihre Erfahrungen, ihre Fragen und ihre Schlüsse. Nicht zuletzt sie machen „Halleluja“ zu einem Buch sowohl für Kirchenferne, die einen distanzierten Einblick erhalten wollen, als auch für jene, die der Kirche nah sind, die aber eben auch ihre Fragen an Moral und Wertvorstellungen, Tradition und Zukunft haben.

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