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Das Bilanzdefizit der römischen Kurie, zentrales Leitungsorganisation der katholischen Kirche, ist im Pandemiejahr 2020 auf 66,3 Millionen Euro angewachsen. Der Leiter des Wirtschaftssekretariats zeigte sich dennoch zufrieden mit dem Ergebnis. Besonders negativ entwickelten sich die Finanzanlagen des Heiligen Stuhls.
Das Bilanzdefizit der römischen Kurie, zentrales Leitungsorganisation der katholischen Kirche, ist im Pandemiejahr 2020 auf 66,3 Millionen Euro angewachsen. 2019 betrug das Minus noch 11 Millionen Euro. Der Leiter des vatikanischen Wirtschaftssekretariats, Juan Guerrero, äußerte sich bei der Veröffentlichung der Zahlen am Samstag dennoch zufrieden. Alles in allem sei das Ergebnis "besser als erwartet" ausgefallen, sagte er dem Portal "Vatican News".
Demnach gingen die Einnahmen im vergangenen Jahr um 58,5 Millionen auf 248,4 Millionen Euro zurück. Dem standen Ausgaben von 314,7 Millionen Euro gegenüber (2019: 318 Millionen). Guerrero erläuterte, dass aufgrund der Corona-Krise zeitweise mit einem wesentlich höheren Defizit (bis zu 146 Millionen Euro) gerechnet worden sei. Dank entschiedener Sparmaßnahmen, etwa durch eine Reduzierung der ordentlichen Aufwendungen um 26 Millionen Euro - habe man dies verhindern können. Zugleich schlügen allerdings erhebliche außerordentliche Aufwendungen in Zusammenhang mit der Pandemie zu Buche.
Gehaltskürzungen für das Führungspersonal
So hätten mehrere Kurienbehörden ihre Hilfszahlungen für arme Kirchen aufgestockt, etwa die Missionskongregation, die Ostkirchenkongregation und die päpstliche Entwicklungsbehörde. Insgesamt hätten die einzelnen Dikasterien "verantwortungsvoll" gehandelt, lobte der Präfekt. Fast alle Ausgabeposten seien verringert worden, vor allem bei Reisen und Veranstaltungen. Das Führungspersonal des Heiligen Stuhls habe zudem empfindliche Gehaltskürzungen hinnehmen müssen.
Besonders negativ haben sich laut der neuen Bilanz die Finanzanlagen des Heiligen Stuhls entwickelt. Hier verschlechterte sich das Resultat im Vergleich zum Vorjahr um 51,8 Millionen Euro. Auch beim Peterspfennig, der Spende von Gläubigen weltweit zugunsten der Sendung des Papstes, gingen die Einnahmen zurück: 44 Millionen Euro wurden 2020 gesammelt (2019: 53,86 Millionen). Fast unverändert blieben im Corona-Jahr die übrigen Spenden und Zuwendungen, unter anderem der Diözesen (56,2 Millionen).
Finanzskandale erschüttern Glaubwürdigkeit
Mit Blick auf Finanzskandale der Vergangenheit äußerte Guerrero die Hoffnung, dass es gelingen werde, die Glaubwürdigkeit des Vatikan wiederherzustellen. Das am Dienstag beginnende vatikanische Gerichtsverfahren rund um ein missglücktes Immobiliengeschäft in London werde dazu einen wichtigen Beitrag leisten, so der spanische Jesuit. Der dubiose Deal in dreistelliger Millionenhöhe hatte zuletzt viel Aufmerksamkeit erregt. Angeklagt ist nun unter anderen der sardische Kardinal Giovanni Angelo Becciu.
"Dass dieser Prozess stattfindet, bedeutet, dass einige interne Kontrollen funktioniert haben", so Guerrero. Die Bemühungen der vergangenen Jahre um mehr Finanztransparenz trügen Früchte. Die Londoner Luxusimmobilie an der Sloane Avenue stehe inzwischen zum Verkauf, "und rechtliche Schritte sind gegen jene eingeleitet, die unserer Meinung nach die Interessen des Heiligen Stuhls geschädigt haben".
Güterverwaltung Apsa legt erstmals Bilanz vor
Im Zuge der Transparenzoffensive veröffentlichte am Samstag auch die vatikanische Güterverwaltung Apsa eine Jahresbilanz, zum ersten Mal überhaupt. Die Einrichtung ist zentral für die Verwaltung der Immobilien und sonstigen Vermögenswerte sowie für das Anlagemanagement der gesamten Kurie zuständig. Papst Franziskus hatte die Rolle der Apsa jüngst aufgewertet.
In dem Zahlenwerk für 2020 ist ebenfalls ein Rückgang der Gewinne verbucht. Die gesamten von der Apsa gehaltenen Investitionen betrugen zum Ende des vergangenen Jahres 1,778 Milliarden Euro. Der Heilige Stuhl verwaltet demnach 4.051 eigene Immobilieneinheiten in Italien, die meisten davon in Rom. Hinzu kommen internationale Wertpapiere und andere Formen der Geldanlage.
Hilfe für Mieter in der Corona-Pandemie
"Unser Engagement zielt auf eine glaubwürdige, verlässliche und effiziente Verwaltung", versicherte Apsa-Präsident Bischof Nunzio Galantino. Dabei lasse man sich von den Prinzipien leiten, die Papst Franziskus stets einfordere. Dazu gehöre, "Kirche zu sein und zu bleiben und sich wie eine Kirche zu verhalten". Darum sei im März 2020 angesichts der Corona-Notlage beschlossen worden, vielen Mietern zu Hilfe zu kommen. Je nach individueller Situation habe der Mietnachlass zwischen 30 und 50 Prozent betragen. Auf die Bilanz wirke sich das freilich nicht gut aus, so Galantino. "Aber für uns bleibt es trotzdem ein positives Ergebnis."