Neues Dokument kritisiert Auswüchse scharf

Vatikan fordert mehr Kontrolle und Ethik in der Finanzwelt

Die katholische Kirche fordert mehr überstaatliche Kontrolle der Finanzwirtschaft und mehr Ethik in deren Unternehmen. Einige Auswüchse greift der Vatikan in einem neuen Dokument scharf an.

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Die katholische Kirche fordert mehr überstaatliche Kontrolle der Finanzwirtschaft und stärkere ethische Elemente in deren Unternehmenskultur. „Das Geld muss dienen und nicht regieren“, heißt es in einem Dokument, das der Vatikan am Donnerstag veröffentlichte.

Das Dokument in deutscher Sprache.

Anlass für die Stellungnahme sei der wachsende, gesellschaftlich oft schädliche Einfluss der Finanzwirtschaft, wie er sich in der jüngsten weltweiten Finanzkrise gezeigt habe. Erarbeitet wurde der Text von der Glaubenskongregation und dem vatikanischen Entwicklungsministerium unter Beteiligung externer Finanzexperten.

 

Kritik am Markt und an Konzernen

 

Zwar habe es in den vergangenen Jahren Korrekturen in der Finanzwirtschaft gegeben, heißt es. „Ein Überdenken jener überholten Kriterien, die immer noch die Welt beherrschen“, sei aber ausgeblieben. Für das Gemeinwohl sei es Aufgabe der Kirche, an einige ethische Prinzipien zu erinnern.

Die Märkte sind laut Vatikan nicht in der Lage, sich selbst zu regulieren. Massive Deregulierung lade zur Veruntreuung ein und führe zu irrationalem Überschwang der Märkte. Darauf könnten Spekulationsblasen, plötzliche Zusammenbrüche und Systemkrisen folgen, warnt der Text.

Scharfe Kritik übt er an Offshore-Geschäften und daran, dass Konzerne zur Steuervermeidung Gewinne in Steuerparadiese verlegen, Kosten dagegen in Länder mit hohen Steuern. Dabei gebe es sehr oft ethisch zweifelhafte oder gar unerlaubte Praktiken wie Steuerhinterziehung, Geldwäsche, Intransparenz und Korruption.

 

Mehr Gestaltung durch Politik nötig

 

Als ein Problem sieht das Dokument den schwindenden Gestaltungsraum der Politik. Ihn brauche es aber, damit die Finanz- wieder der Realwirtschaft diene, für die sie geschaffen sei. Damit der „große Organismus“ des Marktes „gesund“ bleibe, müsse das Kapital in sämtliche Glieder und Organe gelangen, nicht nur in wenige.

Dazu fordert die Kirche mehr Kontrolle der Finanzsysteme und eine überstaatliche Koordinierung, um hochspekulative Transaktionen ohne Bindung an die Realwirtschaft zu unterbinden. Aktionen im Hochfrequenzhandel entzögen der Wirtschaft extrem hohe Kapitalmengen.

 

Arbeit „immer stärker bedroht“

 

Arbeit sei in diesem System in ihrer Würde „immer stärker bedroht“. So würden breite Massen der Bevölkerung ausgegrenzt. Aus der Gesellschaft Ausgeschlossene würden wie „Müll“ behandelt.

Gleichzeitig müssten Unternehmen eine stärker ethisch ausgerichtete Geschäfts- und Personalkultur entwickeln, fordert der Vatikan. So könnten etwa Ethikkommissionen den Verwaltungsräten beigestellt werden.

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