VATIKAN

Warum Ordensfrauen im Einsatz gegen Missbrauch besonders wichtig sind

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Für Schutzsysteme gegen Missbrauch setzen sich vor allem Ordensfrauen weltweit ein. Was Missbrauch begünstigt und wer der Aufarbeitung im Weg steht.

 

Immer mehr Ordensfrauen vernetzen sich weltweit im Kampf gegen Missbrauch. Etwa in Afrika, Asien, Ozeanien und Lateinamerika setzten insbesondere sie sich für Schutz und Förderung von Mädchen und Frauen ein, so der Jesuit Hans Zollner, Experte für Missbrauchsprävention in Rom. Ihr Beitrag sei nicht nur wertvoll, sondern für das Leben der Kirche unverzichtbar.

Zollner äußerte sich im Rahmen der diesjährigen „International Safeguarding Conference“ an der Päpstlichen Universität Gregoriana. Die Veranstaltung stand unter dem Thema „Frauen des Glaubens, Frauen der Stärke“. Von Dienstag bis Freitag beschäftigten sich die rund 250 Teilnehmenden aus mehr als 50 Ländern mit dem Missbrauch an Frauen und Ordensschwestern, Ursachen sowie Prävention und Schutz in Gesellschaft und Kirche. Unter ihnen waren Betroffene, Aktivisten und Wissenschaftler. Organisiert wurde die Konferenz vom Institut für Anthropologie der Gregoriana, das Zollner leitet.

Armut, Kriege und Naturkatastrophen als Risikofaktor

Die internationalen Experten befassten sich nicht nur mit Gewalt an Frauen durch Kirchenvertreter und -vertreterinnen, sondern auch mit Gefahren, die durch Migration, Kriegssituationen, Bürgerkriege und Naturkatastrophen für Frauen und Mädchen entstehen können. Diese verschärften die Notwendigkeit, engagierter und konzertierter an möglichen Lösungen für eine sicherere Kirche und Gesellschaft zu arbeiten, so Zollner.

Armut ist laut der Ordensfrau und Safeguarding-Expertin Jane Wakahiu aus Kenia eine der größten Herausforderungen, weil sie Menschen dem Risiko von Menschenhandel und Migration aussetze und damit der Gefahr, auf diesen Reisen missbraucht zu werden. Wakahiu ist Teil eines Netzwerks von Ordensfrauen, die Aus- und Weiterbildung ihrer Mitschwestern im Missbrauchsschutz fördern. So können beispielsweise Richtlinien, Programme und Schutzsysteme in Gemeinden und Gemeinschaften überall auf der Welt implementiert werden.

Afrikanische Bischöfe stellen keine Mittel bereit

Schwester Jacinta Ondeng stammt ebenfalls aus Kenia und schloss vor drei Jahren an Zollners Institut ihr Diplomstudium in Safeguarding ab. Seitdem gibt sie in verschiedenen afrikanischen Ländern Kurse, sensibilisierte etwa künftige Krankenpfleger und Lehrkräfte im von Gewalt erschütterten Südsudan. In Afrika sei das Konzept des Safeguardings, also des umfassenden Schutzes vor und der Prävention von Missbrauch und Gewalt jeglicher Art, noch sehr neu, berichtet sie. „Aber unsere Beständigkeit in den vergangenen drei Jahren hat dazu beigetragen, dass die Menschen das Thema ernst nehmen.“ 

Ohne eine Finanzierung von außen – in ihrem Fall vom deutschen Hilfswerks Missio -, hätte das nicht funktioniert, sagt sie. Die Bischöfe wüssten sehr genau, dass die Kirche gefordert hat, dass Safeguarding eine Priorität in der Seelsorge sein soll; dass es die Verpflichtung gebe, Schutzmaßnahmen in ihrer Diözese umzusetzen. „Trotzdem stellen sie keine Mittel für dieses Engagement bereit.“

Widerstand und Scham bei Aufarbeitung

Zudem gebe es innerhalb der Kirche von einigen Seiten einen gewissen Widerstand beim Umgang mit Missbrauchsfällen. „Ich bin auch sehr besorgt darüber, dass Menschen zum Schweigen gebracht werden und Angst haben“, so Ondeng. „Aus meiner eigenen kulturellen Perspektive gibt es immer noch viel Angst und Scham, die sogar Frauen, die missbraucht wurden, sowohl in der Gesellschaft als auch in der Kirche, davon abhalten, über ihre Erfahrungen zu sprechen.“ 

Und weil niemand über Missbrauch rede, nicht mal die Opfer, litten sie still, sagt die Ordensfrau. „Aber jetzt, wo Stimmen laut werden, die Nein sagen, müssen wir diesen Menschen die Kraft geben, über ihre Erfahrungen zu sprechen. Wir fangen gerade damit an.“

 

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