Chefredakteur Markus Nolte zur Vollversammlung der Deutschen Bischofskonferenz

Vatikanischer Nazi-Vergleich zeigt Angst vor Bedeutungsverlust

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Gleich zweimal innerhalb weniger Tage haben die reformwilligen deutschen Bischöfe mächtig Gegenwind aus Rom erfahren. Dabei schreckt ein Kardinal nicht vor einem Nazi-Vergleich zurück, der Nuntius nicht vor Demokratie-Warnungen. So unsäglich das ist: Offenbar trifft der Synodale Weg den wunden Punkt. Das macht die Sache aber auch so gefährlich, meint Chefredakteur Markus Nolte in seinem Kommentar.

Nichts ist ein deutlicheres Zeichen von Angst als mit Arroganz vorgetragene Niveaulosigkeit. Davor sind offenkundig auch vatikanische Spitzenfunktionäre nicht gefeit. Von daher können einem die meisten, die reformwilligen der deutschen Bischöfe regelrecht leid tun. Was ihnen und ihrem kräftezehrenden Bemühen um Zusammenbleiben trotz massiv divergierender Überzeugungen in den eigenen Reihen jetzt auch noch an unseligem Getöse aus Rom entgegengebracht wird, ist an Abgründigkeit kaum zu toppen.

Nichts anderes nämlich ist es, wenn der Schweizer Kurienkardinal Kurt Koch das theologisch fundierte Ringen um eine authentische Kirche auch durch Wahrnehmen der Zeichen der Zeit mit der kirchlichen Adaption der Nazi-Ideologie gleichsetzt.

Durch Demokratie und Freiheit bedroht

Das wird umso abstruser, als kurz zuvor der päpstliche Nuntius die Deutsche Bischofskonferenz in Fulda davor warnte, beim Synodalen Weg „in Parlamentarismus zu verfallen“ – als wäre Demokratie etwas Gefährliches, Dekadentes. Die Pressefreiheit – im Dienst der Freiheit aller – sieht er als Bedrohung für die „Freiheit der Bischöfe“.

Diese beiden vatikanischen Äußerungen – und nichts anderes sind sie – zeigen deutlich, mit welchem Widerstand es die reformorientierten deutschen Bischöfe in Rom zu tun haben. Wenn dort Synodalität als hehres Prinzip und Ziel gefordert wird, ohne aber selber zum Hören, Wahrnehmen und womöglich Hinterfragen der eigenen Positionen bereit zu sein – dann ist das ein ziemlich merkwürdiges Verständnis von Synodalität.

Es steht viel auf dem Spiel

Dass sich dazu derart unter­irdische Niveaulosigkeiten gesellen, zeigt, wozu jene fähig sind, die den Reformwilligen Spaltungswillen unterstellen. Vor allem aber dürfte es umso deutlicher zeigen, dass der Synodale Weg exakt den wunden Punkt getroffen hat: eine selbstverliebte, selbstgerechte, selbstherrliche Kirchenhierarchie verrät ihren Auftrag.

Im November steht der turnusgemäße Besuch der deutschen Bischöfe im Vatikan an. Das dürften schwierigste Gespräche werden. Es steht viel, sehr viel auf dem Spiel. Weit mehr als der Synodale Weg. Unserer Bischöfe, oder besser: die große Mehrheit von ihnen hat jede Unterstützung verdient.

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