Malteser vermitteln Post und Kontakte an alleinstehende Menschen

Vechta hat jetzt einen Briefkasten gegen Einsamkeit

  • Jeder kann Briefe, Geschichten oder Bilder hineinwerfen, oder auch die Adresse einer Person, die sich über Post freuen würde.
  • Die Idee dazu entstand nach einer Malteser-Briefaktion mit zugewanderten Menschen während des Corona-Lockdowns.
  • Die Stadt Vechta und das Projekt „Partnerschaft für Demokratie“ unterstützen die Aktion.

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Er ist knallrot und etwas mehr als einen Meter hoch: Ein ziemlich ungewöhnlicher Briefkasten steht seit gut anderthalb Wochen auf dem Europaplatz in Vechtas Innenstadt. Er ist nicht gedacht für normale Post, sondern eher für Umschläge, wie sie Mahbat Abd Alrahman aus Lohne mitten im Corona-Lockdown im Postamt aufgegeben hat, mit selbstgemalten Bildern und selbstgeschriebenen Geschichten ihrer vier Kinder.

Ihre Tochter Hendrin zum Beispiel hat ein Osterei gemalt und von ihrem Geburtstag berichtet, etwa davon, dass sie diesmal wegen der Corona-Pandemie keine Freunde einladen konnte. „Aber es war trotzdem eine schönes Fest mit der Familie“, hat die Achtjährige geschrieben. Auch ihre Schwestern Shirin und Suzan und Ali, der Jüngste, haben Texte beigetragen oder Bilder gemalt.

 

Eine Idee der Malteser

 

Genau solche Inhalte hatte Antonia Wengert vom Malteser-Integrationsdienst in Vechta vor Augen, als sie im Frühjahr zu einer Aktion aufrief, ohne die es den roten Briefkasten in Vechta wohl nicht geben würde. Ihre Idee: Menschen, die alleine leben, wenig Kontakt haben und vielleicht unter Einsamkeit leiden, würden sich gerade in Zeiten von Corona sicher über einen unverhofften netten Brief oder ein selbstgemaltes Bild freuen. Und sie wusste auch schon, wer solche Bilder malen und Briefe schreiben könnte.

Denn die Malteser suchten während der Zeit des Corona-Lockdowns gerade nach einer Überbrückungs-Aktion für das Angebot, das sich schon seit Jahren besonders unter den zugewanderten Menschen im Landkreis Vechta etabliert hat: die sogenannten „Integrationscafés“. Das sind offene Treffs für Menschen aus verschiedenen Nationen in Vechta und in Lohne.

 

Überbrückung des Corona-Lockdowns

 

Für diese Treffpunkte bedeutete Corona das vorläufige Aus. Statt dort regelmäßig mit anderen zusammenzukommen, hieß es auch für die sechsköpfige Familie von Mahbat Abd Alrahman und ihrem Mann Abdelazis Al Osso aus Lohne: zu Hause bleiben, Kontakte vermeiden, Abstand halten. 

Der Verzicht tat weh. Die Mutter war mit ihren Kindern sonst fast jedes Mal in Lohne dabei. „Um Menschen kennenzulernen und um meine Sprachkenntnisse zu verbessern“, erklärt die aus Syrien stammende Kurdin.

 

Malteser leiten Post weiter an einsame Menschen

 

Auch die Malteser sahen die Lage als Herausforderung. Sie fragten sich: Wie sollten sie das Zusammengehörigkeitsgefühl der regelmäßigen Besucher der Integrationscafés aufrechterhalten? „Schreibt doch mal Briefe oder malt Bilder für einsame Menschen!“, forderte Antonia Wengert sie schließlich in einer Whatsapp-Gruppe der Integrationscafés auf. Als Absender hatte sie dabei zum Beispiel die vielen Kinder vor Augen, die in Lohne zu den Treffen kamen und nach den Corona-Lockerungen mittlerweile auch wieder mit ihren Eltern kommen können. Die Malteser haben die Post weitergeleitet, zum Beispiel an Senioren in Malteser-Wohnprojekten.

Nach und nach kamen immer mehr Briefe an. Und spätestens, als auch Briefe mit Bildern und Geschichten aus weiter entfernten Orten beim Integrationsdienst in Vechta eintrafen, ahnten die Verantwortlichen, dass in der Aktion noch mehr Potenzial steckt. Damals kam die Frage auf: Wie können wir die guten Erfahrungen mit dem Projekt „nachhaltig“ machen? Als Angebot nicht nur während der Corona-Aktion, sondern für alle Menschen, die auch weiterhin etwas gegen Einsamkeit tun wollen?

 

Der Briefkasten soll die Idee nachhaltig machen

 

So entstand in Zusammenarbeit mit der Stadt Vechta und der bundesweiten Aktion „Partnerschaft für Demokratie“ die Aktion „Brieffreundschaft“ in Vechta. Jedermann kann jetzt in den roten Briefkasten in der Innenstadt Briefe oder Adressen einwerfen, die eigene oder auch die eines anderen einsamen Menschen. Die Malteser kümmern sich um alles Weitere. Einmal in der Woche wird der Briefkasten geleert, meistens freitags. Genutzt wird er auch schon. Ein paar Briefe und Adressen liegen schon auf Antonia Wengerts Schreibtisch.

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