Maria Bubenitschek über die Chance, die eigene Perspektive zu verrücken

Ver-rückte Zeiten – in der Kirche, in Köln und im Karneval

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Karneval gilt als „verrückte Zeit“. Auch vieles, was in der Kirche derzeit geschieht, mutet „verrückt“ an. Dabei kann das Verrücken eine Chance sein, meint Maria Bubenitschek.

Wir stehen kurz vor der „verrückten Zeit“ eines Jahres – in manchen Orten die fünfte Jahreszeit genannt: Karneval steht vor der Tür. Im letzten Jahr galt diese Zeit quasi als Ursprung der Corona-Pandemie in Deutschland durch die rasche Übertragung des Virus bei einer Karnevalsfeier im Kreis Heinsberg.

In diesem Jahr scheint Karneval eher auszufallen – für viele Menschen zumindest. Statt der Vorbereitung auf Karnevalssitzungen und -umzüge posten Hartgesottene seit Wochen Karnevalsbilder aus den letzten Jahren von Närrinnen und Narren – verbunden mit der Aussage, dass Jecke nicht verstummen, sondern in diesem Jahr anders, nämlich leiser Karneval feiern. Verrückte Zeit – da klingt tatsächlich etwas Närrisches mit…

 

Wenig Närrisches aus Köln

 

Die Autorin
Maria Bubenitschek ist Leiterin der Hauptabteilung Seelsorge im Bischöflichen Generalvikariat Münster. Zuvor war sie für das Seelsorge-Personal zuständig. Vorher war sie 28 Jahre als Seelsorgerin im Bistum Aachen tätig.

Verrückt und dabei wenig närrisch wirkt hingegen das, was im Moment aus der Karnevalshochburg Köln in Veröffentlichungen und Stellungnahmen über das Verhältnis des dortigen Diözesanrats zur Leitung des Erzbistums zu lesen ist. Die Delegierten des Diözesanrats legen ein Moratorium ein und setzen ihre Mitarbeit beim synodalen Zukunftsweg ihres Erzbistums aus.

Verrückt? Verrücken bedeutet, die Lage, den Standort von etwas zu verändern, etwas an einen anderen Ort zu stellen. Verrücken ist ein Prozess – mal zielgerichtet, mal vielleicht eher aus einem Impuls heraus. Dem Verrücken geht die Wahrnehmung voraus, dass etwas anders werden könnte oder sollte.

 

„Verrücken“ kann heißen, den Standpunkt zu wechseln

 

Immer wieder haben Menschen das Bedürfnis, in ihren Wohnungen und Häusern etwas zu verstellen, zu verrücken. Das kann daran liegen, dass sich Lebensgewohnheiten verändert haben, etwas Neues hinzugekommen ist oder etwas Altes nicht mehr benötigt wird.

Das, was für Gegenstände und Möbelstücke gilt, ist auch notwendig für unsere Kirche – und ebenso für die Menschen, die sich ihr zugehörig fühlen. Zum Christ-Sein, zum Christin-Sein gehört das „Verrücken“ dazu: den Standpunkt zu wechseln, eine andere Perspektive einzunehmen. Welch reizvoller Gedanke…

 

Was würden Sie in der Kirche verrücken?

 

Mit welchem Blickwinkel möchten Sie auf aktuelle Geschehnisse in unserer Kirche schauen? Welche Perspektive würde Sie reizen?

Verrücken bedeutet auch, einen Gegenstand neu zu verorten, etwas einen neuen Standort zu geben. Wen oder was würden Sie in unserer Kirche verrücken, wenn Sie die Möglichkeit dazu hätten?

Die Positionen der Gastkommentare spiegeln nicht unbedingt die Meinung der Redaktion von „Kirche+Leben“ wider.

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