Bischof informiert über Stand der Konsequenzen aus Missbrauchs-Studie

Vertuschung: Genn entzieht Thissen Titel „Ehrendomkapitular“ in Münster

  • Bischof Felix Genn hat dem früheren Erzbischof von Hamburg, Werner Thissen, den Titel des Ehrendomkapitulars am St. Paulus-Dom in Münster entzogen.
  • Thissen habe als Generalvikar und Weihbischof in Münster schwere Fehler im Umgang mit Fällen sexualisierter Gewalt gemacht, begründete Genn.
  • Er stellte in einer umfangreichen Erklärung den Stand der Maßnahmen zum Thema Missbrauch im Bistum Münster vor.

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Bischof Felix Genn hat dem früheren Erzbischof von Hamburg, Werner Thissen, den Titel des Ehrendomkapitulars am St. Paulus-Dom in Münster entzogen. Thissen habe als Generalvikar und Weihbischof in Münster schwere Fehler im Umgang mit Fällen sexualisierter Gewalt gemacht, begründete Genn. Er stellte in einer umfangreichen Erklärung den Stand der Maßnahmen zum Thema Missbrauch im Bistum Münster vor.

Genn betonte, Missbrauchs-Betroffene hätten die Aberkennung des Titels angeregt, es habe auch ein Gespräch mit Thissen gegeben. Letztlich, so Genn, habe er ähnlich entschieden wie im Fall des früheren Domkapitulars Theodor Buckstegen. Thissen hatte seine persönlichen Fehler erstmals im Interview mit „Kirche-und-Leben.de“ eingeräumt.

„Es gibt auch Schwierigkeiten“

Fünf Monate nach Vorlage der Studie zu sexualisierter Gewalt im Bistum durch Forschende der Universität Münster Mitte Juni stellte Genn erstmals die gezogenen Konsequenzen vor. Es sei bereits „einiges auf den Weg gebracht“, urteilt der Bischof selbst nach Angaben seiner Pressestelle. Er räumte zugleich „hier und da Schwierigkeiten in der Umsetzung“ ein.

Diese betreffen etwa die Idee, im Bistum Münster ein vorläufiges Verwaltungsgericht zu schaffen, noch ehe es dazu eine bundesweite Regelung gibt. Genn hatte den emeritierten münsterschen Kirchenrechtler Klaus Lüdicke um entsprechende Vorarbeiten gegeben. Dieser habe aber seine Zusage zurückgezogen.

Vorbereitungen für Verwaltungsgericht

Hintergrund seien Meinungsverschiedenheiten zum Umgang mit Vorwürfen gegen einen Priester des Bistums gewesen, so Genn. Der Bischof habe die „von mir eingeleiteten Untersuchungen nicht sofort einstellen“ wollen. Nun hätten die Kirchenrechtler Thomas Schüller und Thomas Neumann angeboten, bis Mai eine mögliche Ordnung einer diözesanen Verwaltungsgerichtsbarkeit zu formulieren. Genn betonte, eine bundesweite kirchliche Verwaltungsgerichtsbarkeit müsse Ziel bleiben.

„Fall-Manager“ für Beschuldigte und Täter

Zudem kündigte Genn an, Karl Render werde ab dem 1. Januar als „Fall-Manager“ im Bistum Münster tätig sein. Der bisherige Seelsorge-Personalchef im Generalvikariat, der zum Jahresende in den Ruhestand tritt, werde regelmäßig überprüfen, ob Missbrauchs-Beschuldigte und Täter die ihnen vorgeschriebenen Auflagen einhalten.

„Transparentere Personalentscheidungen“

Personalentscheidungen im Bistum Münster sollen dem Bischof zufolge künftig „transparenter, nachvollziehbarer und partizipativer erfolgen“. Daher werde derzeit „die Zusammensetzung und Arbeitsweise der Personalkonferenz überprüft“.

Genn wiederholte die Ankündigung, wenn auf Bundesebene ein Synodaler Rat als gemeinsames Beratungsorgan von Bischöfen und Laien entstehe, dann wolle er auch die Gremienstruktur im Bistum überdenken. Er bleibe bereit, sich per Selbstverpflichtung verbindlich an die Entscheidungen diözesaner Gremien zu binden.

Weitere überprüfte Fälle

Nach Angaben des Bischofs sind auch vier Fälle überprüft worden, bei denen es nach Erkenntnissen der Missbrauchsstudie möglicherweise Fehler im Verfahren gegeben habe. Ein Fall sei zur Prüfung nach Rom gegangen. Dort sei kein konkreter Vorwurf festgestellt und das Verfahren eingestellt worden.

Ein zweites Verfahren laufe im Bistum noch; es werde anschließend an den Vatikan weitergeleitet. Der Beschuldigte eines dritten Falls aus dem Jahr 1974 sei heute 85 Jahre alt und übe „keinerlei priesterliche Tätigkeiten“ mehr aus. Die Frage einer Abgabe nach Rom solle mit Beratern geklärt werden.

Der vierte Fall wird Genn zufolge noch einmal vollständig von einem externen Kirchenjuristen kirchenrechtlich geprüft. Konkrete Angaben zu den Fällen machte der Bischof nicht.

Update 12.05 Uhr: Text um die zweite Hälfte erweitert.

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