Bistum Münster: Uns liegen keine Hinweise auf Übergriffe auf diese Kinder vor

Verurteilter Missbrauchspriester verbrachte später Zeit mit Heimkindern

  • Der 1976 von einem staatlichen Gericht wegen Missbrauchs verurteilte Pfarrer Theo Wehren hat bis in die 1990er Jahre immer wieder Zeit mit Heimkindern verbracht.
  • Zudem habe er Kinder aus der Region Tschernobyl in den Ferien beherbergt, berichtet der WDR.
  • Dem Bistum Münster liegen keine Hinweise auf Taten des Geistlichen nach 1976 vor, ergab eine Nachfrage von „Kirche-und-Leben.de“.

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Der 1976 von einem staatlichen Gericht wegen Missbrauchs von Jungen verurteilte Pfarrer Theo Wehren hat bis in die 1990er Jahre immer wieder Zeit mit Heimkindern verbracht. Zudem habe er Kinder aus der Region Tschernobyl in den Ferien beherbergt, die sich nach der dortigen Atomkatastrophe 1986 in Deutschland erholen sollten. Beides berichtet das WDR-Fernsehen.

Der Interventionsbeauftragte des Bistums Münster, Peter Frings, sagte zu „Kirche-und-Leben.de“, er wisse nicht, ob Wehren sich an Heimkindern oder Tschernobyl-Gästen vergangen habe. Dem Bistum lägen keine Hinweise auf Taten des Geistlichen nach 1976 vor.

Keine Hinweise in der Missbrauchsstudie

Für die im Juni 2022 veröffentlichte Missbrauchsstudie des Bistums habe das Forscherteam der Universität Münster auch den Fall Wehren untersucht und Akten gesichtet, so Frings. Hinweise etwa zu Heimkindern gebe es von dieser Seite nicht. Ob Menschen in Bocholt-Barlo leben, die mehr über Taten ihres langjährigen, 2011 verstorbenen Pfarrers wüssten, konnte Frings nicht sagen.

Im WDR schildert der frühere Leiter des Kinderheims St. Josef Werne, Uwe Schenk, Wehren habe 20 Jahre lang bis in die 1990er Jahre hinein Heimkinder am Wochenende zu sich ins Pfarrhaus geholt und Ausflüge mit ihnen unternommen. Dass der Priester 1976 vom Amtsgericht Bocholt wegen Missbrauchs in 20 Fällen an fünf Jungen zu einem Jahr auf Bewährung und einer Geldbuße verurteilt wurde, habe das Heim nicht gewusst. Zudem habe Wehren immer wieder Tschernobyl-Kinder beherbergt.

Das Bistum kannte das Urteil, das Heim nicht

„15 Jahre lang hätte man die Kinder besser schützen können“, sagt Schenk in einem Artikel zum TV-Beitrag. „Das Urteil ist aber nicht ans Heim weitergeleitet worden, und das macht einfach nur wütend.“ Dem Bistum Münster war die Verurteilung bekannt.

Schenk stoppte dem WDR zufolge Anfang der 1990er Jahre die Kinderbesuche bei Wehren, weil die Jungen von gemeinsamen Sauna-Besuchen mit dem Geistlichen erzählten. Solche Besuche seien „natürlich ein Unding“, sagte Bistums-Experte Frings zu „Kirche-und-Leben.de“.

Amtsrichter: Wir haben den Fall intern vertraulich behandelt

Gegenüber dem WDR äußert sich auch Frajo Belting, der Wehren 1976 am Amtsgericht verurteilte. Dessen Strafe sei für damalige Verhältnisse sogar „hoch“ gewesen, wird der Richter zitiert.

Er habe damals mit dem Staatsanwalt ausdrücklich vereinbart, „dass wir keine Rücksicht nehmen wollten“ auf das kirchliche Amt von Wehren. Der Fall sei gleichwohl intern vertraulich behandelt worden, um große Dienstwege zu vermeiden, die Geheimhaltungspflicht des Gerichts zu wahren und eine Information der Presse zu verhindern.

Erste Informationsveranstaltung 2019

Eine erste Informationsveranstaltung zum Fall Wehren, an der auch Vertreter des Bistums Münster teilnahmen, fand in Bocholt im Sommer 2019 statt. Zuvor war am Grab des Priesters ein anonymer Brief mit Vorwürfen gegen ihn abgelegt worden, den die Pfarrei nach Münster weiterleitete.

Vor wenigen Wochen gab es nun einen weiteren Informationsabend. Dazu hatte die Pfarrei keine Bistumsvertreter eingeladen. Dies wurde auf Bitte des Interventionsbeauftragten Frings an dem Abend ausdrücklich gesagt. Es habe nicht der Eindruck entstehen sollen, das Bistum habe eine Teilnahme abgelehnt.

Update 15.15 Uhr: Die letzten beiden Absätze präziser gefasst. (jjo.)

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