St. Marien organisiert Video-Konferenz mit Experten

Viel Interesse in Telgte: 50 Gäste sprechen über Homosexuellen-Segnung

  • St. Marien in Telgte lädt zur Video-Diskussion über Fragen zu den Segensfeiern für Homosexuelle ein.
  • 50 Teilnehmer stellen vier Experten Fragen.
  • In Umfragen unter den Teilnehmern zeigt sich eine deutliche Stimmungslage.

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Auch drei Monate nach dem offiziellen Nein der vatikanischen Glaubenskongregation für die Segnung homosexueller Paare ist das Thema in der Pfarrgemeinde St. Marien in Telgte noch präsent. Bei einer Video-Konferenz mit etwa 50 Gemeindemitgliedern konnten Fragen dazu gestellt werden. Vier Referenten gaben Antworten.

Die Idee zu dem Angebot war im Pfarreirat entstanden, in dem eine Anfrage zur aktuellen Diskussion über die Segnungsfeiern gestellt wurde. „Wir waren überrascht, wie kontrovers wir darüber sprachen, obwohl wir alle auf der gleichen Glaubensbasis argumentierten“, sagt Reinhild Singer. Sie ist Mitglied einer Projektgruppe, die sich bildete, um das Thema weiter auf der Tagesordnung zu halten. Denn in Telgte blieb das Thema generell eine Kontroverse. Während es Menschen gab, die Regenbogenfahnen aufhingen und Luftballons in diesen Farben an die Decke der St.-Clemens-Kirche stiegen ließen, rissen andere die Fahnen wieder herunter.

 

Partnerschaft heißt Fürsorge

 

Ulrich Lüke, Biologe, Theologe und Krankenhausseelsorger in Münster, legte dar, dass nach biblischem Verständnis eine Verbindung zweier Menschen nicht auf die Zeugung von Nachwuchs reduziert werden könne. „Erster Zweck einer Partnerschaft ist die gegenseitige Fürsorge, Vertrauen und Liebe.“ Wer sich als Theologe „mit einer naturwissenschaftlichen Argumentation verheirate“, könne „schnell zum Witwer werden“. Auch die Sexualität könne nicht allein in der Ehe als „integer“ zugelassen sein.

Das Verbot der Segnung von homosexuellen Menschen beschrieb Pfarrer Stefan Rau aus Münster als schwierig. „Es geht ja darum, jemanden die Zusage zu geben, dass er von Gott gewollt und begleitet wird.“ Eine solche Zusage kann in seinen Augen nicht grundsätzlich unterbunden werden. Es könnten aus Rom aber Vorgaben für Segensfeiern in Kirchen gemacht werden.

 

Konflikt der Betroffenen nicht unterschätzen

 

Den Konflikt, den vom Segnungsverbot Betroffene erleben, bezeichnete Leonard Damorst als „nicht zu unterschätzen“. Der Student aus Lüneburg engagiert sich in seiner Heimatpfarrei in Telgte intensiv in der Auseinandersetzung homosexueller Paare mit ihrem Glauben und den kirchlichen Verboten. Die Frage nach der Anzahl solcher Verbindungen dürfe laut Damorst dabei nicht gestellt werden: „Wie viele Menschen müssten denn queer sein, damit ihre Diskriminierung nicht mehr gerechtfertigt ist?“

Von der Stimmungslage aus verschiedenen kirchlichen Gremien konnte Kerstin Stegemann berichten. Die Vorsitzende des Diözesankomitees der Katholiken im Bistum Münster und Mitglied des Synodalen Wegs erlebt dort eine ernsthafte und ergebnisoffene Auseinandersetzung. „Wenn ich nicht daran glauben würde, dass sich etwas ändert, könnte ich an den Gesprächen nicht teilnehmen.“ Dass gerade jetzt ein offizielles „Nein“ in der Segnungsfrage aus Rom gekommen sei, hält sie für strategisch. „Es gibt Kräfte, die wollten eine Antwort aus Rom, bevor andere Antworten von uns formuliert werden.“

 

Teilnehmer befürworten Segnung der Paare

 

Die Stimmungslage in der Video-Diskussion war eindeutig. Das zeigten die Umfragen, die während der Veranstaltung gemacht wurden. Darin sagten über 90 Prozent der Teilnehmer, dass sie Homosexualität nicht für eine Sünde halten und sie die Segnung der Paare befürworten. Allerdings glaubten nur 50 Prozent, dass sich in den nächsten zehn Jahren die Haltung Rom diesbezüglich ändern wird. In dem Zusammenhang wurde auch das Argument diskutiert, ob es eine gleichzeitige Entwicklung in der Weltkirche geben müsse. „Wenn wir darauf warten, dass alle 1,3 Milliarden Katholiken sich einheitlich entscheiden, dann wird sich nie etwas bewegen“, sagte Pfarrer Stefan Rau.

Der Telgter Pfarrgemeinderat will sich weiter bewegen. Es sind Folge-Aktionen geplant, die Platz haben sollen für unterschiedliche Sichtweisen. „Eine ähnliche Diskussionsveranstaltung könnte mit einem Exegeten gemacht werden, um noch einmal genau auf das zu schauen, was in der Bibel zu diesem Thema steht“, sagt Reinhild Singer. „Vielleicht zeigen wir auch, wie offen und einladend wir sind, indem wir eine Wallfahrt konkret zu diesem Thema organisieren.“

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