Tagung in Münster zur Konversion von Flüchtlingen

Vom Islam zum Christentum – wie geht das?

Wie konvertieren muslimische Flüchtlinge zum Christentum? Eine Tagung des Franz-Hitze-Hauses in Münster und beider großer Kirchen beschäftigte sich mit genau dieser Frage. Auch die Folgen für das Aufenthaltsrecht waren Thema.

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Nach dem großen Flüchtlingsstrom der letzten Jahre sind etliche Muslime zum Christentum konvertiert. Wie werden sie auf diesem Weg begleitet? Und wie sieht die rechtliche Grundlage für ihren Aufenthalt in Deutschland aus? Mit diesen Fragen beschäftigte sich die Tagung „Konversion zum Christentum“ im Franz-Hitze-Haus in Münster in Kooperation mit der Deutschen Bischofskonferenz und der Evangelischen Kirche in Deutschland.

„Das leitende Motiv im Islam ist die Schönheit der Verse des Korans. Gott ist schön und zeigt sich in der Rezitation“, erklärte Theologe Klaus von Stosch vom Institut für Katholische Theologie der Universität Paderborn. Während im Islam also das Hören der Worte des Korans als Gottesbegegnung im Vordergrund stehe, sei es bei den Christen die personale Begegnung mit Jesus Christus.

 

Neuinterpretation des Korans

 

Bei Christen gelte, dass die Menschen selbst mit ihrem Lebenszeugnis Gottes Liebe erfahrbar machen: „Wenden sich Christen von ihrem Glauben ab, verhindern sie also dieses Zeugnis der Liebe.“ Die Gemeinschaft im Islam gebe Hinweise auf die Barmherzigkeit Gottes. „Der Glaube muss zusammen vollzogen werden. Wendet sich einer ab, fehlt etwas. Er schädigt den Glauben“, sagt von Stosch.

Er wies auf eine Neuinterpretation des Korans hin, da bestimmte Verse zwar als Unterschied, aber nicht als Gegenteil zwischen Islam und Christentum gedeutet werden könnten. Noch immer würden viele Verse missverstanden, sagte er. Von der Kirche forderte Klaus von Stosch, einen Katechumenat für Muslime zu errichten, damit diese Brückenbauer zwischen den Religionen würden. Wer zum Christentum konvertiere, dem sollten die Kirchen darüber hinaus Zeit lassen.

 

Erwachsenentaufen wieder Thema

 

Christian Grethlein von der Evangelisch-Theologischen Fakultät der Universität Münster stellte die Taufe als Zentrum des Christ-Seins dar. Dazu gehörten immer ein Täufer, ein Täufling und eine Botschaft, der sich der Täufling anschließt.

Die Taufe stehe jedem offen: „Egal, welches Geschlecht oder welche Ethnie: Jeder Mensch, der getauft werden will, muss von der Kirche getauft werden.“ Nachdem über viele Jahre in der katholischen und evangelischen Kirche vor allem Säuglinge getauft wurden, würden die Kirchen nun nicht zuletzt durch die Konversionen von Geflüchteten wieder Erwachsenentaufen in den Blick nehmen.

 

BAMF überprüft rein rechtlich

 

Ein weiteres Podiumsgespräch behandelte die aufenthaltsrechtliche Basis: Liane Boenig vom Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) erzählte von ihrer Arbeit in der Außenstelle: „Bei jedem Fall vollziehen wir eine intensive Vorbereitung und Anhörung. Viele bringen ihre Vertrauensperson mit. Das ist auch wichtig, denn eine Anhörung dauert auch mal fünf bis sechs Stunden.“ Oft hätten die Antragsteller in ihren Heimatländern schlechte Erfahrungen mit Behörden gemacht.

Liane Boenig vom Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) und Richter Frederic Kahrl klärten die aufenthaltsrechtliche Grundlage bei Konversionen. | Foto: Melanie Ploch
Liane Boenig vom Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) und Richter Frederic Kahrl klärten die aufenthaltsrechtliche Grundlage bei Konversionen. | Foto: Melanie Ploch

Nachfragen von Rechtsanwalt Berthold Münch aus Heidelberg, welche Kriterien es gebe, beantwortete Boenig so: „In die Seele gucken müssen die Kirchen. Wir überprüfen die rein rechtliche Ernsthaftigkeit des Engagements für den neuen Glauben. Dabei vergleichen wir in intensiven Gesprächen auch das Verhalten im Heimatland, also wie die Religion vorher ausgelebt wurde.“

 

Prüfung durch das Gericht

 

Richter Frederic Kahrl vom Verwaltungsgericht Berlin bearbeitet Asyl-Anfragen. Die Anhörung des BAMF nimmt er als Grundlage, geht aber kritisch mit ihr um und macht sich in einer zweiten Anhörung ein eigenes Bild. Der rechtliche Maßstab berücksichtige nicht, ob jemand getauft oder Kirchenmitglied ist. „Ich überprüfe, ob der Antragsteller verfolgt würde, wenn er in sein Heimatland zurückkehrt und den Glauben so auslebt, wie er möchte. Ich schaue auch, ob ich mich auf die Angaben des Antragstellers verlassen kann“, sagte Kahrl.

Drei Fragen bildeten dabei einen Fragenkomplex, den der Richter verfolgen würde: „Erstens frage ich ab, wie jemand zum Glauben gekommen ist. Zweitens schaue ich, wie er diesen Glauben jetzt lebt und drittens: Welche inhaltliche Substanz ist vorhanden? Besteht der Glaube? Diese Substanz muss sich irgendwie erfragen lassen.“

Experten berichtete auch von der derzeitigen Lage in den Herkunftsländern Afghanistan, Iran und Ägypten. Hierbei stellte sich heraus, dass Christen dort ihren Glauben oft nur im Verborgenen ausleben können. Andernfalls folgen Drohungen, Folter und Tod.

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