Lexikon des Judentums (8)

Von koscheren Speisen und vom Schächten: Essen im Judentum

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Wissen ist das beste Mittel gegen Vorurteile und Antisemitismus. Zum Jubiläum „1700 Jahre jüdisches Leben in Deutschland“ erläutert diese Serie Begriffe jüdischen Glaubens – diesmal von Ludger Hiepel, Wissenschaftlicher Mitarbeiter der Katholisch-Theologischen Fakultät der Universität Münster.

„Denn ich bin der HERR, euer Gott. So heiligt euch und seid heilig, denn ich bin heilig! ... Denn ich bin der HERR, der euch aus dem Land Ägypten heraufgeführt hat, um euer Gott zu sein: So sollt ihr heilig sein, denn ich bin heilig!“

Diese Verse aus dem dritten Buch Mose verdeutlichen das Anliegen jüdischer Speisevorschriften: Der Mensch soll sich nicht kultisch-rituell verunreinigen, seinen Alltag heiligen und bewusst leben. Mit dem Sprichwort „Man ist, was man isst“ kann dies gut beschrieben werden. Die jüdischen Speisevorschriften sind damit auch identitätsstiftendend – sogar für Jüdinnen und Juden, die sie nicht halten (können), aber darum wissen.

 

Was koscher ist

 

Das antike Judentum ordnete sämtliche Lebensbereiche in die Kategorien „heilig – profan“ und „rein – unrein“. Die jüdischen Speisevorschriften haben in der Tora ihr Grundlage. Sie wurden im rabbinischen Judentum weiterentwickelt und gehören zur Halacha („der zu gehende Weg“), der normativen Tradition. Unter dem Begriff „Kaschrut“ („rituelle Eignung“) werden alle diese Bestimmungen zusammengefasst. „Kascher“ (jiddisch: koscher) bedeutet „rein“ oder „erlaubt“. Was nicht koscher ist, heißt hebräisch „taref“ (jiddisch: trejf).

Und was ist nun koscher? Für den Verzehr geeignet sind Säugetiere, die sowohl Wiederkäuer sind als auch gespaltene Hufe haben (zum Beispiel Rind, Ziege), und deren Produkte (beispielsweise Milch); Geflügel, außer Raubvögel und Aasfresser; Fische, die sowohl Schuppen als auch Flossen haben.

 

Fleischig und milchig

 

Nach rabbinischen Vorschriften gelten alle Produkte von koscheren Tieren ebenfalls als koscher. Eine Ausnahme bildet der Honig, der als koscher gilt, obwohl er von einem nicht koscheren Tier, der Biene, stammt; er ist lediglich ein Sammelprodukt.

Zu dieser Unterscheidung kommt noch die Trennung von Fleischigem (hebräisch: basari) und Milchigem (hebräisch: chalawi), die sich aus der Anweisung „Das Junge einer Ziege sollst du nicht in der Milch seiner Mutter kochen“ (Ex 23,19) ergibt.

Bei jüdischen Menschen, die die jüdischen Speisevorschriften halten, gibt es daher auch getrenntes Koch- und Essgeschirr und sogar getrennte Küchen für Fleischiges und Milchiges. Es gibt auch Lebensmittel, die als „neutral“ (hebräisch: parwe) gelten und weder milchig noch fleischig sind. Sie können daher mit beidem verzehrt werden. Zu diesen Lebensmitteln gehören Eier, Fische, Gemüse oder Früchte.

 

Warum geschächtet wird

 

Zentral ist auch das Verbot des Blutverzehrs, das sich an mehreren Stellen der Tora findet: „Das Blut irgendeines Wesens aus Fleisch sollt ihr nicht essen, denn die Lebendigkeit alles Fleisches ist sein Blut“ (Lev 17,14). Durch das Schächten (hebräisch: Schechita), die jüdischen Schlachtmethode, wird sichergestellt, dass das Tier ausblutet.

Dabei wird das Tier mit einem einzigen, scharfen Schnitt durch die Luft- und Speiseröhre und bestimmte Nervenbahnen gleichzeitig betäubt und getötet. Nur ein ausgebildeter Schächter (hebräisch: Schochet) darf die Schlachtung mit einem chirurgisch scharfen, schartenfreien und langen Messer durchführen.

Der Autor
Ludger Hiepel ist Wissenschaftlicher Mitarbeiter am Seminar für Zeit- und Religionsgeschichte des Alten Testaments der Katholisch-Theologischen Fakultät der Universität Münster. | Foto: Stephan Kube
Ludger Hiepel ist Wissenschaftlicher Mitarbeiter am Seminar für Zeit- und Religionsgeschichte des Alten Testaments der Katholisch-Theologischen Fakultät der Universität Münster. In Forschung und Lehre beschäftigt er sich neben dem Alten Testament und der Altorientalistik auch immer wieder mit dem Judentum. | Foto: Stephan Kube

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