Gruppe traf sich auf einer Reise von „Kirche+Leben“

Vor 15 Jahren auf dem Jakobsweg – Kontakt hält bis heute

Vor 15 Jahren machte sich eine Pilgergruppe mit Unterstützung von „Kirche+Leben“ auf den Weg nach Santiago de Compostela. Die Teilnehmer treffen sich noch immer – nicht nur jedes Jahr einmal, auch im Alltag.

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Da ist etwas Besonderes gewachsen. Das ist nicht zu überhören, wenn Angelika Däne von jenen zwei Wochen berichtet, in denen sie sich mit 50 anderen Pilgern aus allen Regionen des Bistums Münster auf den Weg nach Santiago de Compostela machte. 15 Jahre ist das jetzt her. Eine Zeit, in der die Gruppe ihren Weg fortgesetzt hat. Nicht auf dem Camino, der historischen Strecke durch Spaniens Norden. Sondern im Alltag, in vielen Begegnungen und vor allem an entscheidenden Punkten im Leben.

Däne sitzt vor ihrem Fotoalben und findet kaum ein Ende, wenn sie die einzelnen Bilder sieht. Geschichte um Geschichte erzählt sie. Viele haben das Zeug, einen Roman zu füllen. Denn alle Menschen, die sich mit ihr auf den Weg machten, brachten ihr Leben mit. Viele Tiefen aber auch Höhen waren dabei. Die Kilometer bis zum Wallfahrtsort wurden genutzt, um zu danken, aber auch, um zu bitten und neue Hoffnung zu schöpfen.

Das Gefühl einer Großfamilie

„Da war die 81-jährige Bäuerin“, erinnert sich Däne. „Sie war mit aufgebrochen, um sich auf ihr Lebensende vorzubereiten.“ Die alte Dame wollte sich klar darüber werden, wie sie den Rest ihrer Zeit verbringen konnte. Daraus machte sie auch keinen Hehl. „Wenn ich auf der Pilgerreise sterben sollte, beerdigt mich bloß in Nordspanien“, sagte sie. Däne erinnert sich aber auch, mit welcher Lebensfreude diese Frau die Etappen genossen hat. Sie zeigt auf ein Foto: „Da sitzt sie mit einem der Kinder auf einer Wippe.“

Pilgerpause mit Musik und „Kirche+Leben“-Redakteur Bernd Schumacher (rechts). | Foto: privat
Pilgerpause mit Musik und „Kirche+Leben“-Redakteur Bernd Schumacher (rechts). | Foto: privat

Die Kinder, die mitpilgerten, waren ohnehin ein Geschenk, sagt Däne. Viele davon gab es – angefangen bei sechs Jahren. „Es entwickelte sich schnell das Gefühl einer großen Familie.“ Die jungen Pilger hätten mit allen engen Kontakt geschlossen. Wieder ein Foto: „Das war die Messe in der Osternacht, die wir in der Kathedrale in Santiago gefeiert haben.“ Die erschöpften Kinder lagen in den Kirchenbänken quer über alle Pilger aus der Gruppe und schliefen.

„Kirche+Leben“ reiste mit

„Das Generationen-Übergreifende hat wunderbar funktioniert“, sagt Matthias Vollmer. Er hatte als Leiter des Kreisbildungswerks in Steinfurt die Reise organisiert. Mit besonderer Unterstützung von „Kirche+Leben“. Damals war das Familien-Journal der Bistumszeitung neu konzipiert worden. Dort war ausgiebig Werbung für die Reise gemacht worden. Redakteur Bernd Schumacher begleitete die Gruppe schließlich.

„Die Idee, die verschiedenen Generationen auf dem Weg zusammenzubringen, hat wunderbar geklappt“, sagt Vollmer. Mit mehr als 1.200 Menschen ist er mittlerweile auf dem Camino unterwegs gewesen. „Wichtig ist, dass jeder sein Pensum selbst wählen kann.“ Kinder und alte Menschen laufen weniger Kilometer und können Teilstücke mit dem Bus bewältigen. Zudem gibt es Patenschaften, bei denen zwei Teilnehmer aufeinander acht geben sollen. „Schon allein daraus entstehen tolle Beziehungen.“

Alle geben aufeinander Acht

Eine solche Patenschaft brauchte 2003 auch Angelika Däne. Sie reiste aufgrund einer schweren Herzerkrankung mit einem Defibrillator im Rucksack an. Jemanden zu finden, der sie bei den Strapazen im Blick behielt, war kein Problem. Eine Frau „trat“ ihr problemlos ihren Mann ab. Mit ihm schaffte Däne es auch über einen berüchtigten Tafelberg. „Wahrscheinlich als erste mit einem Defibrillator.“

All das sind Erlebnisse, die herausragen. Das unspektakuläre Miteinander Pilgertag für Pilgertag war für das Zusammenwachsen der Gruppe aber genauso wichtig. „Jeder fühlte, wann er mal schweigend neben dem anderen hergehen und keine Fragen stellen musste“, erinnert sich Däne. Und: „Schnell wussten wir, was den anderen bewegte und wie man ihm bei der Verarbeitung unterstützen konnte.“ Die täglichen Impulse, reihum vorbereitet, gehörten dazu. Manchmal aber auch einfach nur das gemeinsame Lachen in geselliger Runde.

Eine starke Gemeinschaft

Dass die Chemie in der Gruppe stimmte, hatte sich schon vorher gezeigt. „Beim ersten Vorbereitungstreffen war allen schnell bewusst, dass jeder seine Lebensgeschichte mitnehmen wird“, sagt Vollmer. „In der Idee, auf der Pilgerstrecke Antworten auf Fragen dazu zu bekommen, vereinten sie sich.“

Gruppen, die nach Santiago de Compostela pilgerten, rückten darin immer besonders eng zusammen. „Das Besondere bei dieser Gruppe aber war, dass sie ihren Weg nach der Pilgerreise fortgesetzt hat.“

Überraschende Besuche

Es ist kein loser Kontakt, der entstanden ist, auch wenn sie sich zwischen den Jahrestreffen manchmal kaum sehen. „Aber immer dann, wenn es jemandem mal besonders gut oder schlecht geht, sind sofort alle da.“ Angelika Däne selbst erlebte es, als sie vor einigen Jahren ein Spenderherz erhielt. Nach der Transplantation auf der Intensiv-Station fragte sie ein Pfleger, ob seine Eltern sie besuchten dürften. „Wer sind denn Ihre Eltern?“, fragte Däne überrascht. Es war das Ehepaar, von dem der Mann sie auf der Pilgerreise als Pate über den Berg begleitet hatte.

15 Jahre nach der gemeinsamen Pilgerreise trafen sich einige Teilnehmer zum kleinen Jubiläum. | Foto: privat
15 Jahre nach der gemeinsamen Pilgerreise trafen sich einige Teilnehmer zum kleinen Jubiläum. | Foto: privat

15 Mal hat sich eine Kerngruppe von etwa 20 Pilgern seit der gemeinsamen Reise getroffen. Jedes Jahr reihum bei einem der Teilnehmer. Auch bei diesen Treffen wird gewandert. Kirchenbesuche stehen auf dem Programm. Und das gemeinsame Essen, das sie schon während der vielen Picknicks auf dem Camino lieben gelernt haben. Genauso lieb gewonnen haben sie auch die Wortgottesdienste. „Weil sie Ausdruck unsere gemeinsamen Spiritualität sind“, sagt Däne.

Dass sich im vergangenen Jahr ein Mitglied der Gruppe zum Ständigen Diakon weihen ließ, habe deswegen die ganze Gruppe stolz gemacht. „Wir haben uns gefühlt, als wäre jeder von uns ein kleines Stück Diakon geworden.“

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