Neffe Hermann Schmitz übergibt Nachlass der Heimatgemeinde Südlohn

Vor 80 Jahren starb Pater Elpidius Markötter im KZ Dachau

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Wegen seiner Predigten wurde er von den Nazis verhaftet und ins KZ gebracht: Franziskanerpater Elpidius Markötter aus Südlohn (Kreis Borken). 1942 starb er in Dachau. Sein Neffe, Hermann Schmitz aus Bocholt, hat den Nachlass seines Onkels über Jahrzehnte verwahrt. Die Dokumente des Franziskanerpaters übergibt er dem Gemeindearchiv des Heimatorts von Pater Elpidius. Über den katholischen Märtyrer sagt Schmitz: „Durch seine Unbeugsamkeit und seinen Glauben ist Pater Elpidius bis heute ein Vorbild.“

„Für mich ist mein Onkel ein mutiger Mann. Er trat für seinen Glauben ein. Ein Widerständler war er aber nicht“, sagt Hermann Schmitz aus Bocholt über Pater Elpidius Markötter. Der Ordensmann starb am 28. Juni 1942 im KZ Dachau an den Folgen der im Lager erlittenen Entbehrungen.

Der 73-jährige Schmitz verwaltet den Nachlass von Elpidius Markötter und hat im Lauf der Zeit alles gesammelt, was an Dokumenten über seinen Onkel verfügbar war. „Bis zu seinem Tod im KZ Dachau hielt er an seiner Meinung fest, die er in seiner Predigt kundtat, die für die Nationalsozialisten der Grund war, ihn ins KZ zu werfen“, sagt der Bocholter.

Ein einfacher Ordensmann

Franziskanerpater Elpidius Markötter (1911-1942). | Foto: privat
Franziskanerpater Elpidius Markötter (1911-1942). | Foto: privat

Der Mut seines Onkels, das Unrecht nicht zu akzeptieren, sei vorbildlich gewesen. „In den aktiven Widerstand gegen die Nazi-Diktatur, so wie er heute definiert wird, ist er nicht getreten. Er war ein einfacher Ordensmann, der für die Rechte aller Menschen eintrat.“ Durch seine Unbeugsamkeit und seinen Glauben sei der Pater bis heute ein Vorbild.

Zur Geschichte: Der Franziskaner Elpidius Markötter, 1911 im westmünsterlandischen Südlohn geboren, kommt Anfang 1940 zur Ausbildung der Novizen in das Kloster Warendorf. Am 26. Mai 1940 hält er in der Klosterkirche die Frühmesse.

Predigt wurde zum Verhängnis

Erhalten geblieben sind einige Briefe von Pater Markötter, die er aus dem KZ Dachau an seine Familie in Südlohn schrieb. | Foto: privat
Erhalten geblieben sind einige Briefe von Pater Markötter, die er aus dem KZ Dachau an seine Familie in Südlohn schrieb. | Foto: privat

In seiner Predigt spricht er über das allumfassende Liebesgebot. In den Mittelpunkt stellt er einen Vers aus dem Neuen Testament: „Jeder, der seinen Bruder hasst, ist ein Menschenmörder, und ihr wisst, dass kein Menschenmörder ewiges Leben als dauernden Besitz hat.“ (1. Johannesbrief 3-15)

In der Predigt schließt Markötter das Gebot der Nächstenliebe auch für die Kriegsgegner und Juden ein. Wörtlich soll er gesagt haben, wie die Gerichtsakten festhalten: „Bruder ist uns der Italiener, der Japaner, Bruder auch der Engländer, der Pole, der Jude.“

Denunziert von Kirchenbesucherin

Telegramm an die Familie Markötter mit der Todesbenachrichtigung aus Dachau: Der Telegrammtext zeigt die Menschenverachtung der Nazis. Die Angehörigen werden aufgefordert, innerhalb von 24 Stunden nach Eintritt des Todes Mitteilung zu machen, ob eine Leichenbesichtigung erwünscht ist. Das Telegramm wurde am 30. Juni 1942 aufgegeben und damit zwei Tage nach dem Tod des Franziskaners. | Foto: privat
Telegramm an die Familie Markötter mit der Todesbenachrichtigung aus Dachau: Der Telegrammtext zeigt die Menschenverachtung der Nazis. Die Angehörigen werden aufgefordert, innerhalb von 24 Stunden nach Eintritt des Todes Mitteilung zu machen, ob eine Leichenbesichtigung erwünscht ist. Das Telegramm wurde am 30. Juni 1942 aufgegeben und damit zwei Tage nach dem Tod des Franziskaners. | Foto: privat

Eine junge Kirchenbesucherin meldet die „regime-kritischen“ Bemerkungen des Paters. Es kommt zur Verhaftung Markötters. Bei der Vernehmung rät ein Richter dem Ordensmann, seine Aussage zu relativieren, um ohne ernste Strafe davonkommen zu können.

Doch Markötter besteht auf seiner Aussage. Er kommt ins Polizeigefängnis in Münster, später ins KZ Sachsenhausen und schließlich am 26. September 1941 ins KZ Dachau, wo er in den „Priesterblock“ verlegt wird.

Tod im KZ

Die Haftbedingungen sind erbärmlich, die Arbeitsbedingungen unerträglich. Anfang 1942 erkrankt der 30-Jährige schwer, wird aber weiter zum Arbeitsdienst eingesetzt.

Nach Ostern 1942 schreibt er in einem Brief: „Ich bin Gott dankbar, dass ich Priester sein darf. Noch keine Minute habe ich es bereut, obgleich ich den ganzen Ernst dieses Berufes erfahren durfte. Das gewährt besondere Freuden.“ Wenige Wochen später stirbt er am 28. Juni an Entkräftung.

SS besteht auf Formalität

„Stolperstein“ nahe dem Elternhaus von Elpidius Markötter in Südlohn. | Foto: privat
„Stolperstein“ nahe dem Elternhaus von Elpidius Markötter in Südlohn. | Foto: privat

Seine Familie in Südlohn erhält Tage später ein Telegramm aus Dachau, unterzeichnet von einem SS-Obersturmbannführer. Es lautet: Josef Markötter am 28.6.42 20.00 hier verstorben, innerhalb 24 Stunden hierher mitteilen, ob Leichenbesichtigung erwünscht. Leiche wird im Crematorium Dachau 3 K feuerbestattet. Urnenüberführung, mit Crematorium KL Dachau in Verbindung treten. Sterbeurkunde ist unter Beifügung 60 Reichspfennig für jede weitere 30 Reichspfennig pro Stück bei Standesamt Dachau 2 anzufordern.“

Der Telegrammtext zeige die Menschenverachtung des Nazi-Regimes, sagt Hermann Schmitz. „Die Angehörigen werden aufgefordert, innerhalb 24 Stunden Mitteilung zu machen, ob Leichenbesichtigung erwünscht ist. Das war gar nicht möglich. Nach dem Telegramm ist Pater Elpidius am 28. Juni gestorben, das Telegramm wurde aber erst am 30. Juni abgesendet.“

Gedenkgottesdienst in Südlohn

Seine Dokumentensammlung mit den Briefen, Fotos und Berichten wird Schmitz dem Archiv der Kommune Südlohn überlassen. Im Ort wird es auch anlässlich des 80. Todestages von Elpidius Markötter am 28. Juni 2022 um 19 Uhr in der Pfarrkirche St. Vitus einen Gedenkgottesdienst geben.

In Südlohn erinnern ein Gedenkstein an der Elpidiusstraße und ein „Stolperstein“ nahe dem Elternhaus an den Franziskanerpater.

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