Abschied von St. Mauritz Kinder- und Jugendhilfe in Münster

Die letzten Vorsehungsschwestern verlassen Gründungsort der Gemeinschaft

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Die Vorsehungsschwestern lösen ihren Konvent in der St. Mauritz Kinder- und Jugendhilfe in Münster auf. Sie hinterlassen mehr als nur Erinnerungen.

Mit Schwester Hannelore Petri und Schwester Elisabeth Kampelmann werden in den nächsten Tagen die letzten Schwestern von der Göttlichen Vorsehung – kurz Vorsehungsschwestern genannt – die St. Mauritz Kinder- und Jugendhilfe am Mauritz-Lindenweg in Münster verlassen. Die Auflösung des Konvents war absehbar, nachdem Schwester Idamaria Hesselmann und Schwester Hermana Wolters bereits vor einigen Monaten die Gemeinschaft auf Altersgründen verlassen hatten.

„Es ist ein trauriger Moment, zumal für unsere Ordensgemeinschaft hier an diesem Ort unsere Tradition begann. Aber wir trauern nicht über das, was vergeht, sondern wir haben ein Auge für das, was sich wandelt“, sagt Schwester Hannelore.

Arbeiten für das Kindeswohl

Die 80-Jährige stammt aus Oldenburg und trat 1967 in die Ordensgemeinschaft in Münster ein. 53 Jahre lebte und wirkte sie in der St. Mauritz Kinder- und Jugendhilfe. Zu Beginn 1971 übernahm sie die Leitung einer Kindergruppe aus zwölf Jungen und vier Mädchen.

Anfang der 1970er Jahre arbeiteten noch 23 Vorsehungsschwestern in der Einrichtung, die zumeist im Erziehungsbereich eingesetzt waren. „Das Wichtigste für uns war und ist stets das Wohl der uns anvertrauten Kinder und Jugendlichen“, sagt Schwester Hannelore.

Bedeutung der Werktherapie

Später leitete sie bis heute die Werktherapie, ein ständiges Angebot, das planmäßig Kinder und Jugendliche aller Betreuungsformen erhalten. In den Werkstatträumen werden unterschiedliche werktherapeutische Angebote für Kinder und Jugendliche bereitgehalten. Eine Töpferei mit Brennofen, eine Holzwerkstatt mit Werkbänken und Räumen für die Arbeit mit Glas, Papier und sonstigen Materialien stehen zur Verfügung.

„Die Arbeit mit den Kindern hat mir sehr viel Freude gemacht. Handwerkliche Tätigkeiten helfen, sich zu stabilisieren“, sagt die Ordensfrau. Vor einigen Jahren hatte sie durch eine Design-Pädagogin Unterstützung im Bereich der Werktherapie bekommen.

Ende des Konvents

Schwester Hannelore wird wie Schwester Elisabeth in das Provinzhaus an der Offenbergstraße nahe der früheren Friedrichsburg in Münster ziehen. Die 72-jährige Schwester Elisabeth stammt aus Ostbevern im Kreis Warendorf und lebt seit gut zwei Jahren im Konvent der St. Mauritz Kinder- und Jugendhilfe. Zuvor wirkte sie 20 Jahre in der ambulanten Pflege in Wulfen-Barkenberg bei Dorsten im Kreis Recklinghausen und weitere 20 Jahre in der Provinzleitung.

„Mit meinem Einzug wollten wir den Konvent für längere Zeit aufrechterhalten. Aber aus Krankheitsgründen unserer Mitschwestern war dies nicht möglich. Deshalb der jetzige Abschied“, so Schwester Elisabeth.

Unterstützung für 200 Kinder und Jugendliche

Dank der Arbeit der Vorsehungsschwestern konnte sich die St. Mauritz Kinder- und Jugendhilfe zu eiener der führenden Einrichtungen auf diesem Gebiet in Westfalen entwickeln. Das Haus in Münster bietet Mädchen und Jungen Wohnraum, Schutz und Hilfe in jeder Lebenssituation. Rund 200 junge Menschen jeden Alters – vom Säugling bis zum jungen Erwachsenen - finden Voraussetzungen für den Weg in ein selbstbestimmtes Leben.

Nach Informationen des Geschäftsführers Michael Kaiser zählt die Einrichtung 220 Mitarbeitende. 143 stationäre Plätze gibt es, sieben Außenwohngruppen werden begleitet. 2016 entstand eine Gruppe für unbegleitete minderjährige Geflüchtete. Die Einrichtung berät drüber hinaus 50 Pflegefamilien.

Entstehung des ersten Waisenhauses

Gegründet wurde die Einrichtung 1842 durch den Priester Eduard Michelis (1813-1855) im Münsteraner Mauritzviertel. Ihm war das traurige Los vieler Waisenkinder aufgefallen. In der Stadt gab es zwar bereits ein bürgerliches Waisenhaus. Dieses nahm jedoch nur ehelich geborene Kinder aus besser gestellten Familien auf.

Michelis gründete an der Warendorfer Straße das erste Armenwaisenhaus Münsters für 20 Kinder. Betreut wurden sie von vier jungen Frauen. Diese Initiative war der Ausgangspunkt für die Gründung der Ordensgemeinschaft der Schwestern von der Göttlichen Vorsehung, deren Vorsitzender Michelis von 1842 bis 1845 war. Später entstand das Kinderheim am Mauritz-Lindenweg.

Wachsen der Ordensgemeinschaft

Heute zählt die weltweit tätige Kongregation 716 Schwestern und neun Postulantinnen. In Münster leben rund 140 Vorsehungsschwestern.

Schwester Elisabeth und Schwester Hannelore werden am 19. September offiziell verabschiedet. „Die Vorsehungsschwestern haben zur guten Atmosphäre in den Wohngruppen und in unserem ganzen Haus beigetragen. Es bleiben viele Erinnerungen. Die Schwestern haben dafür gesorgt, dass sich Mädchen und Jungen wohlfühlen und stabilisieren, traumatische Erfahrungen verarbeiten und ihre individuellen Persönlichkeiten entwickeln können“, sagt Geschäftsführer Michael Kaiser.

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