Ausfuhrbestimmungen werden umgangen

Waffenexporte: Kirchen kritisieren Deutschland

U-Boote für Ägypten, Panzer für Katar, Maschinenpistolen für Indien: Deutsche Rüstungsunternehmen machen rund um den Globus gute Geschäfte. Die Bundesregierung scheint das wenig zu bekümmern.

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Die Kluft zwischen Fassade und Wirklichkeit der deutschen Rüstungspolitik: Nirgends wird sie so offenbar wie bei den Waffengeschäften mit Saudi-Arabien. Das Königreich beteiligt sich an einem blutigen Krieg im Nachbarland Jemen. Hinzu kommt, dass die Menschenrechtsbilanz nach Ansicht von Kritikern eher düster ausfällt. Trotzdem liefern deutsche Unternehmen seit Jahren verlässlich Rüstungsgüter auf die Arabische Halbinsel - mit dem Segen der Bundesregierung. Denn die muss besonders brisante Ausfuhren im Bundessicherheitsrat genehmigen.

Vor vier Wochen machte überraschend die Nachricht von einem Export-Stopp die Runde. Der Mord an dem saudi-arabischen Journalisten Jamal Kashoggi vermochte offenbar mehr zu bewirken als Tausende Tote im Jemen. „Der Bundesregierung musste auch schon vor dem Fall Kashoggi bekannt gewesen sein, mit wem sie es in Saudi-Arabien zu tun hat“, kommentierte der katholische Vorsitzende der Gemeinsamen Konferenz Kirche und Entwicklung GKKE, Karl Jüsten, am Montag in Berlin.

 

Deutschland ist viertgrößter Waffenexporteur der Welt

 

Jüsten spricht von einer ernüchternden Bilanz der seit Frühjahr amtierenden Bundesregierung. Es sei nicht zu erkennen, dass sie dem „Ernst der rüstungsexportpolitischen Fragen“ gerecht werde. Saudi-Arabien ist kein Einzelfall. Deutschland ist viertgrößter Waffenexporteur der Welt. Von den im vergangenen Jahr erteilten Einzelausfuhrgenehmigungen für Rüstungsgüter im Wert von rund 6,2 Milliarden Euro entfielen 61 Prozent auf diese Gruppe.

Mitautor Max Mutschler vom Internationalen Konversionszentrum Bonn (BICC) rechnete bei der Präsentation des GKKE-Berichts vor, die Bundesregierung habe 2017 Rüstungsexporte an 52 Staaten genehmigt, „deren Menschenrechtssituation als schlecht eingestuft wird“. In ihrem Bericht hat die GKKE mögliche Bausteine dafür zusammengetragen. Ein „absolutes Verbot jeglicher Drittlandsexporte von Kriegswaffen und sonstigen Rüstungsgütern“ gehört dazu - ebenso wie ein Rüstungsexportbeauftragter beim Bundestag, um die Einhaltung der Regeln für Ausfuhren einer verbesserten parlamentarischen Kontrolle zu unterziehen.

 

Subunternehmen verdienen am Krieg im Jemen

 

Deutsche Unternehmen, auch das macht der Report deutlich, sind unterdessen längst dabei, sich zu internationalisieren. Über Tochterfirmen oder Gemeinschaftsunternehmen im Ausland versuchen sie dem GKKE-Bericht zufolge, die deutschen Ausfuhrbestimmungen für Waffen- oder Munitionsexporte zu umgehen.

Ein Beispiel: der Düsseldorfer Automobilzulieferer und Rüstungskonzern Rheinmetall. Dieser habe in den vergangenen zwei Jahrzehnten etliche ausländische Firmen wie RWM-Italia aufgekauft, die im Bereich der Munitionsherstellung aktiv seien, heißt es in der Studie. Hinzu kämen Joint Ventures wie etwa Rheinmetall Denel Munitions (RDM) in Südafrika. RWM-Italia und RDM produzieren unter anderem Bomben. Die wurden laut GKKE tausendfach nach Saudia-Arabien oder in die Vereinigten Arabischen Emirate verkauft. Im Jemen-Krieg kamen sie zum Einsatz.

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