PILGERN

Warum Deutschlands nördlichster Marienwallfahrtsort neue Orgel bekommt

Anzeige

Eine Reparatur wäre unwirtschaftlich – so lautet ein Argument der Bethener Gemeinde für das 800.000 Euro teure Projekt. Es war nicht das einzige.

 

Die alte Orgel wurde schon im vergangenen Sommer ausgebaut. Weil vor dem Einbau des neuen Instruments noch Risse im Mauerwerk der Bethener Marienbasilika repariert werden mussten. Über einen Händler für gebrauchte Orgeln konnte die Mariengemeinde das 73 Jahre alte Instrument an eine Gemeinde nach Polen verkaufen.

Seither behilft sie sich in der Basilika mit einer elektronischen Orgel. Aber nicht mehr lange: Für Sonntag, den 21. September, plant die Gemeinde in dem Wallfahrtsort am Stadtrand von Cloppenburg die Einweihung der neuen Orgel – und freut sich insbesondere auf besseren Klang.

Bethen: Kran im Kircheninneren errichtet

Ein wenig muss sie sich aber noch gedulden. „Es sind noch nicht alle Einzelteile angeliefert worden“, beschreibt Wallfahrtsrektor Dirk Költgen im Gespräch mit Kirche+Leben den aktuellen Stand. Sondern erst einmal nur die größten Elemente: der Spieltisch oder die Windlade zum Beispiel und die größten Orgelpfeifen. Sie liegen bereits jetzt im Innenraum der Kirche. Der Rest folgt in einigen Wochen.

Rund 800.000 Euro kostet das Orgelbau-Projekt inklusive aller nötigen Bauarbeiten. Für den Orgelboden etwa musste ein statisches Gutachten erstellt, für den Einbau des Instruments eigens ein Gerüst und ein Kran im Kircheninneren errichtet werden.

Orgelbauverein rührt seit 2017 die Werbetrommel

 

Die ersten von insgesamt vier Raten hat die Pfarrei schon bezahlt. Kirchliche oder größere kommunale Zuschüsse gab es nicht. Dennoch ist das nötige Geld für die ersten drei Teilzahlungen bereits beisammen, insgesamt 610.000 Euro, ein Großteil – 460.000 Euro – davon aus Spenden. Möglich gemacht hat das insbesondere der Einsatz eines Orgelbauvereins mit Dirk Költgen und Maria Zurwellen an der Spitze.

Der Verein rührt seit 2017 die Werbetrommel für das Projekt. Mit Benefizkonzerten, dem Verkauf von „Orgelbauwein“ und anderen Aktionen. Zum Beispiel auch mit einem Konzert mit Maite Kelly. Für 600 Pfeifen haben außerdem Spenderinnen und Spender Patenschaften übernommen. Dazu unterstützen zahlreiche Gruppen – nicht nur aus der näheren Umgebung – das Projekt.

Reparatur war für die Gemeinde keine Option

Hätte es auch eine Reparatur getan? „Laut Gutachten des damaligen Regionalkantors Stefan Decker hätte eine weitere Reparatur und Sanierung der alten Orgel rund 100.000 Euro gekostet“, erklärt Dirk Költgen. „Dann hätte man in 20, 30 Jahren erneut vor einer Sanierung gestanden.“ Und außerdem hätte sie nicht alle klanglichen Unzulänglichkeiten beseitigt.

Auch wenn sie ausgebaut ist – den Zustand der alten Orgel hat Dirk Költgen noch gut im Ohr. „Das Bassregister klang wie ein Presslufthammer und die hohen Töne so schrill, dass man manchmal froh war, dass das Stück zu Ende war.“

Die neue Orgel kann auch leise

Dazu kam, dass sich die Lautstärke nicht variieren ließ. Das wird mit der neuen Orgel anders. Die Pfeifen stehen in einem „Schwellwerk“, einem Kasten, dessen Lamellen sich öffnen oder schließen lassen. „Das gibt musikalisch mehr Möglichkeiten, etwa, um meditative Texte zu untermalen.“

Bethen ist nach Pilgerzahlen nach Kevelaer und Telgte der drittgrößte Wallfahrtsort im Bistum Münster. Rund 100.000 Pilgerinnen und Pilger registriert Wallfahrtsrektor Monsignore Dirk Költgen pro Jahr. Die Zahl der Teilnehmerinnen und Teilnehmer an den großen Wallfahrten sei zwar leicht gesunken, dafür bleibe die der Einzelpilger stabil.

Vor Schulprüfungen ist Bethen besonders gefragt

Das kann der Seelsorger unter anderem an der Zahl der Opferkerzen am automatischen Türöffner der Gnadenkapelle ablesen. Dessen Öffnungsvorgänge werden für die Bestimmung der Wartungsintervalle gezählt – und bieten so einen Hinweis auf die Pilgerzahl.

Gerade in diesen Wochen und Monaten ist der Pilgerort besonders gefragt. Der Grund sind die im Frühjahr in vielen Schulen anstehenden Prüfungen. „An solchen Tagen ist die Kapelle voll“, sagt Maria Zurwellen lächelnd. „Weil viele Mütter oder Omas dann hier noch eine Kerze für den Prüfling anzünden wollen.“

Die Orgel ist nicht das einzige Neue in der Wallfahrtsbasilika, die seit 1977 den Titel „Basilika Minor“ trägt und in der daher auch ein Bild des amtierenden Papstes hängt. Deshalb wird die Gemeinde in Kürze dafür ein geeignetes Foto rahmen lassen. Es soll das Bild von Papst Franziskus ersetzen. Und auch das offizielle neue Papstwappen wird draußen an der Basilika angebracht.

Anzeige