Bruder Anno aus der Abtei Königsmünster in Meschede über ein gut laufendes Angebot

Wandern und Schweigen - mit Mönchen im Sauerland

Manche gehen ein paar Tage ins Kloster, um zur Ruhe zu kommen. Und manche, um jeden Tag wieder rauszugehen: Bruder Anno von der Abtei Königsmünster erklärt den Reiz von "Wander-Exerzitien" im Sauerland.

 

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Zu sich kommen, über Gott und sein Leben nachdenken – dafür gibt es Exerzitien, besinnliche stille Tage im Kloster. Die Abtei Königsmünster in Meschede bietet erfolgreich Exerzitien an, bei denen auch schon mal 25 Kilometer quer durchs malerische Sauerland zusammen kommen. Bruder Anno Schütte OSB organisiert mit Pater Maurus Runge OSB solche „Wander-Exerzitien“. Was deren Reiz ausmacht, sagt er im Interview.

Bruder Anno, wie kommt ein Mönch, der ein Leben immer im selben Kloster gelobt hat, auf die Idee, Wander-Exerzitien anzubieten?

Bruder AnnoBruder Anno Schütte OSB ist waschechter Sauerländer und stammt aus einer Gastronomen-Familie. Seit 1985 gehört er zur Benediktinerabtei Königsmünster in Meschede. | Foto: privat

Die Idee kam nicht von mir, sondern von unserem damaligen Abt Dominicus. Also habe ich das brav gemacht (lacht). Nein, im Ernst: Ich bin tatsächlich über das Wandern überhaupt ins Kloster gekommen – nämlich als Teilnehmer an einem Klassiker der Jugendarbeit von Königsmünster, der „Wanderwoche – Mit Christus unterwegs“. Mir stecken Wandern, Sport, Bewegung einfach in den Knochen – und das alles draußen! Bewegung ist für mich eine intensive Form, Leben wahrzunehmen, mich zu spüren, Sinn zu erfahren. Auch Jesus war ja viel unterwegs, die ersten Christen nannte man „Anhänger des neuen Weges“. Und Mediziner sagen, dass es unserem Gehirn gut tut, wenn wir in Bewegung sind. Ich habe die besten Ideen entweder beim Chorgebet – wahrscheinlich wegen der Entspannung – oder wenn ich draußen laufe.

Und Draußen-sein und Kloster gehen zusammen?

Das geht sogar gut zusammen! Mein damaliger Novizenmeister warnte immer vor der Gefahr des Klosterlebens, „inhäusig“ zu werden. Ich merke schlichtweg, dass ich auch das Licht brauche. Draußen ist es auch bei trüben Tagen heller als drinnen. Bevor mir also im Kloster die Stimmung flöten geht, gehe ich lieber raus.

Was macht die Wander-Exerzitien in der Abtei Königsmünster aus?

Vor allem die Einfachheit. „Einfach gehen“ ist eine Variante von „einfach leben“. Wir gehen einfach. Und die Leute kommen erstaunlich schnell zu sich, gehen in sich, sie genießen den Abstand von zu Hause, werden innerlich weit. Da muss man gar nicht viel machen! Für mich ist das die Bestätigung unseres Lebens-Geheimnisses: dass nämlich Gott in uns ist.

Lassen Sie uns das mal etwas erden: Wie sieht so ein Tagesablauf aus?

„Haus der Stille“Das moderne „Haus der Stille“, eines der Gästehäuser der Abtei Königsmünster, ist Unterkunft für die Teilnehmenden der "Wander-Exerzitien". | Foto: Markus Nolte

Es gibt eine dynamische Tagesordnung: Alle Teilnehmenden haben ein Zimmer in unserem „Haus der Stille“. Nach dem Frühstück wandern wir gegen neun Uhr los. Während der ersten Stunde gibt es noch Smalltalk, da reden wir so locker vom Hocker miteinander. Nach ungefähr einer Stunde wird ein Impuls zu einem Aspekt des Kursmottos vorgetragen – in diesem Jahr vom 20. bis 26. Juli „Vom Segen und zum Segnen leben“. Dann gehen wir mindestens eine Stunde im Schweigen. An dessen Ende steht eine ganz schlichte Eucharistiefeier in der Pampa, irgendwo unter den Bäumen in der Landschaft an der frischen Luft.

Muss man Profi-Läufer sein? Wie lang ist so eine Wanderung?

Bis zur Messe am Mittag sind wir an den fünf vollen Wandertagen zwischen zehn und 13 Kilometer unterwegs. Weil auch vom Alter her alle sehr unterschiedlich sind, reicht das manchen dann auch. Die machen sich dann mit Bus oder Taxi wieder auf den Weg ins Kloster. Mit den anderen gehen wir weiter, treffen uns irgendwo zum Kaffee – da darf es dann auch mal ein Bierchen sein. Bis dahin sind es dann um die 15, 16 Kilometer. Und wer dann noch will, kann mit mir den Endspurt machen. Da kommen wir dann auch schon mal auf 20 bis 25 Kilometer. Abends wartet im Kloster ein warmes Abendessen, und zum Abschluss gibt es noch eine Hör-Runde, in der jeder sagen kann, wie sie oder er den Tag erlebt hat.

Wer nimmt an solchen Exerzitien teil? Was suchen die Teilnehmer?

In den ersten Jahren hatten wir viele Frauen dabei, deren Partner gestorben war. Das hat sich inzwischen etwas geändert. Es geht querbeet: aus ganz Deutschland, etwa zwei Drittel Frauen, altersmäßig um die 40, beruflich ist alles dabei. Drei Viertel sind Wiederholungswanderer, einige sind inzwischen befreundet, und manche von ihnen treffen sich sogar unabhängig von unserem Angebot zum Wandern. Bei unserem Kurs können maximal 20 Leute mitmachen – und noch sind einige Plätze frei.

Muss man katholisch sein, muss man getauft sein?

Man muss gar nichts sein. Dabei sein – das reicht.

Was ist der Unterschied zwischen Wandern und Pilgern?

Ich glaube, da gibt es keinen Unterschied. Es mag äußerlich nach einem Unterschied aussehen, weil wir dieses Angebot als Kloster machen. Aber jede Bewegung öffnet einen Menschen zu sich selbst – zu einem Raum, von dem ich als Mönch sage: Da bist du in deiner Zelle mit Gott zusammen, deiner Wurzel, deinem unendlichen Geheimnis. Auch, wenn einem das nicht bewusst ist. Meine Mutter nannte das immer „missa sine nomine“: eine Messe, ohne dass sie so genannt wird.

Mehr Informationen über die "Wander-Exerzitien" und weitere Angebote der Abtei Königsmünster finden Sie hier.

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